Berlin. Die Corona-Pandemie hat Deutschland fest im Griff. Mit welchen Maßnahmen die Politik jetzt die vierte Welle in den Griff bekommen will.

Die Corona-Werte in Deutschland jagen seit Tagen von einem Höchstwert zum nächsten. Deutschland steuert mit hoher Geschwindigkeit auf einen Corona-Notstand zu. Trotzdem wollen die Ampel-Partner SPD, Grüne und FDP daran festhalten, die sogenannte epidemische Lage von nationaler Tragweite am 25. November auslaufen zu lassen.

Seit Tagen hagelt es Kritik an diesem Vorhaben. Jetzt schlagen die drei Parteien strengere Maßnahmen vor, um die Pandemie im Griff zu behalten. Ein unlängst vorgestellter Katalog mit Vorkehrungen zur Corona-Bekämpfung soll erheblich nachgeschärft werden. Damit bleiben sogar einige Pandemie-Auflagen bestehen, die SPD, Grüne und FDP eigentlich abschaffen wollten.

Es kommen wohl sogar einige Verschärfungen hinzu, die es in Deutschland in der Pandemie noch nie gab, etwa im öffentlichen Nahverkehr. Dort wird es vor allem für Menschen ohne Impfung kompliziert. Das ist so gewollt. Sowohl Grünen-Chef Robert Habeck als auch der SPD-Vizefraktionschef im Bundestag, Dirk Wiese, sprechen von einem „Lockdown für Ungeimpfte“.

Doch es wächst die Sorge, dass es bei einer weiteren Verschlechterung der Lage am Ende womöglich wieder einen Lockdown für alle geben könnte – so wie vor einem Jahr.

Corona: Was plant die Ampel?

Im öffentlichen Nah- und Fernverkehr soll künftig 3G gelten. Alle Passagiere müssen dann nachweisen können, dass sie geimpft, genesen oder negativ getestet sind. Die Maskenpflicht bleibt. Vor allem auf die Gruppe der Ungeimpften erhöht sich damit der Druck. Sie können ohne negativen Test keine Busse und Bahnen mehr nutzen und wären außen vor.

Der Fahrgastverband Pro Bahn hält die Vorschläge nicht für alltagstauglich. „3G-Regelungen in Bahnen klingen zwar vernünftig, sind in der Praxis aber nicht kontrolliert umsetzbar“, sagte der Ehrenvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, unserer Redaktion. Vor allem im Bahn-Nahverkehr sei die Fahrgastfrequenz zu hoch und die Fahrtzeiten zu kurz für eine nachhaltige Kontrolle. Überprüfungen der Passagiere vor dem Betreten der Bahnhöfe oder Züge würden derweil „zu langen Warteschlangen führen“, sagte Naumann.

In anderen Bereichen als dem Verkehr kann es nach Plänen der Ampel neben 2G sogar „2G plus“ geben. Damit ist gemeint, dass zusätzlich zum Impf- oder Genesungsnachweis auch ein Negativtest erforderlich ist. Auch hier wären Ungeimpfte außen vor, selbst wenn sie getestet sind.

Wie viele Personen dürfen sich künftig treffen?

Hierzu gibt es noch keine konkreten Vorgaben. Die Ampel-Partner wollen aber im Infektionsschutzgesetz regeln, dass auch in Zukunft weiterhin allgemeine Kontaktbeschränkungen im privaten und öffentlichen Bereich auch für Geimpfte möglich sind. Diese wollten SPD, Grüne und FDP eigentlich abschaffen.

Regeln: Was dürfen in Zukunft die Länder?

In Bundesländern, in denen sich die Corona-Lage verschlimmert, soll es über eine sogenannte Öffnungsklausel im Gesetz die Möglichkeit geben, auch strengere Maßnahmen durchzusetzen. Zudem wären laut den Ampel-Plänen Verbote oder Einschränkungen der Länder für Einrichtungen der Freizeitgestaltung erlaubt – mit Ausnahme von Angeboten zur Sportausübung.

Auch größere öffentliche Zusammenkünfte oder Veranstaltungen können verboten werden, darunter Gottesdienste und Umzüge. Alkoholausschank und -konsum in der Öffentlichkeit können reglementiert oder ganz untersagt werden. Voraussetzung für strengere Maßnahmen in den Ländern ist den Plänen zufolge ein Mehrheitsbeschluss im jeweiligen Landtag.

Was soll es nicht mehr geben?

Ausgangsbeschränkungen und Betriebsschließungen etwa im Hotel- und Gastgewerbe soll es nicht mehr geben, ebenso wie Beherbergungsverbote. Zudem soll die Schließung von Firmen sowie des Einzel- oder Großhandels nicht mehr zugelassen sein. Auch Hochschulen dürfen nicht geschlossen werden.

Was ist mit Auflagen für Pflegeheime und Kliniken?

Besuchsverbote oder beschränkter Zugang in „Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens“ bleiben den Plänen zufolge möglich, sofern es eine Zustimmung der Landtage gibt.

Ist ein Lockdown für alle weiterhin möglich?

Grundsätzlich ja. Der Bundestag kann die epidemische Notlage erneut ­feststellen – dann wären wieder sämtliche Maßnahmen einschließlich Ausgangssperren, Betriebsschließungen und Reiseverboten möglich. Denkbar wäre auch, dass die Länder am Freitag im Bundesrat gegen die Änderungen im Infektionsschutzgesetz votieren.

In diesem Fall könnten sie trotz des Auslaufens der Bundesnotlage regionale oder länderweite Lockdown-Maßnahmen nach altem Muster verhängen. Es wäre dann aber die Zustimmung des jeweiligen Landtags nötig.

Offen ist jedoch, ob Maßnahmen wie Ausgangssperren oder flächendeckende Betriebsschließungen ­angesichts einer Impfquote von rund 70 Prozent vor Gericht Bestand hätten.