Auf der Flucht vor Angreifern war der 23-jährige Giuseppe M. auf dem Kaiserdamm in Berlin von einem Auto erfasst und tödlich verletzt worden.

Berlin. In der Kapelle gibt es keinen freien Sitzplatz mehr. Bis vor die Tür stehen die Trauergäste und lauschen unter Tränen der Rede eines Rabbis. Sie nehmen Abschied von Giuseppe, der vor drei Wochen auf der Flucht vor Angreifern auf dem Berliner Kaiserdamm von einem Auto erfasst wurde und starb. Giuseppe wurde nur 23 Jahre alt. Die Trauernden tragen schwarze Kleidung, einige auch Sonnenbrillen. Mehrere Hundert Menschen ziehen wie eine dunkle Schlange hinter dem Sarg durch die engen Pfade des kleinen Waldfriedhofs Dahlem. Giuseppes Mutter kann den Tod ihres Sohnes immer noch nicht fassen. Sie bricht in Tränen aus und muss von ihrer Familie gestützt werden, um nicht mitten auf dem Weg zusammenzubrechen.

Nicht nur ihr scheint Giuseppes Tod sinnlos. Er und ein Begleiter waren am Morgen des 17. September von jungen Männern auf dem U-Bahnhof Kaiserdamm in Berlin-Charlottenburg angegriffen worden. In seiner Not rannte der 23-Jährige weg, offenbar blind vor Angst. Er wollte sich auf die andere Straßenseite des stets stark befahrenen Kaiserdamms retten. Doch auf der Fahrbahn erfasste ihn ein Auto und verletzte den Flüchtenden tödlich.

Zwei Tage nach dem Unglück hielten fast 1.000 Menschen eine Mahnwache am Kaiserdamm ab. Sie legten Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Die Kreuzung direkt an der U-Bahn-Station glich einer Wallfahrtsstätte. Auch an diesem Freitag auf dem Waldfriedhof säumen zahlreiche Blumen und Kränze den Weg zu Giuseppes letzter Ruhestätte. Hohe Kiefern, an denen sich Kletterpflanzen hinaufwinden, umgeben das Grab.

Unter die Trauer mischt sich auch Wut. Der italienischstämmige Giuseppe habe sterben müssen, weil er in den Augen seiner Angreifer fremd gewirkt habe, vermuten viele. Sie fordern eine harte Bestrafung der Täter. Die Tatverdächtigen - sie stammen auch aus Zuwandererfamilien - hatten sich selbst bei der Polizei gestellt.

Einer von ihnen, ein 21-jähriger Neuköllner, sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Ihm wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Ein zweiter Tatverdächtiger wurde wieder auf freien Fuß gesetzt , bei ihm geht es um schwere Körperverletzung. Wann ein Prozess eröffnet wird, sei derzeit wegen der laufenden Ermittlungen noch unklar, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Martin Steltner.

Derweil will der Rabbi in der Kapelle auf dem Waldfriedhof trösten. "Wir glauben an das ewige Leben der Seele", sagt er in einer bewegenden Trauerrede. Giuseppe habe während seiner Zeit auf Erden, wie die große Anteilnahme an seinem Tod zeige, "die Herzen vieler Menschen bewegt".