Der 50 Jahre alte Tatverdächtige soll die Kraillinger Schwestern Chiara und Sharon laut Staatsanwaltschaft mit Heimtücke getötet haben.

München/Krailling. Die Aufklärung des Doppelmordes von Krailling steht bevor - der Tatverdächtige ist allerdings nicht geständig. Nach dem Tot der Schwestern Chiara und Sharon sind sich Polizei und Staatsanwaltschaft dagegen sicher, den Täter gefasst zu haben. Am Sonnabend wurde gegen den Onkel der beiden Mädchen Haftbefehl wegen zweifachen Mordes erlassen. Der 50-jährige mutmaßliche Täter sitzt nun im Münchner Untersuchungsgefängnis Stadelheim, wie ein Polizeisprecher sagte.

Auf einer Pressekonferenz in München hatte Oberstaatsanwältin Andrea Titz zuvor angekündigt, Haftbefehl gegen den Mann aus dem Umfeld von Chiara und Sharon zu beantragen. „Das Mordmerkmal ist Heimtücke“, sagte Titz. Der Mann habe die Arglosigkeit und Wehrlosigkeit der beiden Mädchen ausgenutzt.

Nach Medien-Berichten soll der Mann ein Onkel der getöteten Kinder sein. Er habe sich mit seiner Schwägerin – der Mutter der Mädchen - um Geld gestritten. Der Postbote sei selbst Vater von vier Kindern. Der Tatablauf sei noch nicht gänzlich geklärt, sagte der Leiter der Mordkommission Markus Kraus. Der Verdächtige sei gegen 17 Uhr am Freitag widerstandlos vor seiner Wohnung in Peißenberg festgenommen worden.

Nach Angaben von Kraus gibt es noch keine „konkrete Motivlage“. Der Mann sei bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten, sagte Titz. Die Mutter der getöteten Kinder sei nach der Festnahme informiert worden.

Der mutmaßliche Mörder hat die Tatvorwürfe bestritten. Der 50-Jährige habe „kein Geständnis abgelegt“, sagte Kraus. Zwischen einer ersten und zweiten Vernehmung habe es Widersprüche gegeben. Der Tatverdächtige habe einen „eher distanzierten und desinteressierten Eindruck“ gemacht.

Die Staatsanwaltschaft will noch am Sonnabend Haftbefehl wegen zweifachen Mordes gegen den Mann beantragen. Aufgrund der Spurenlage sei davon auszugehen, „dass der Beschuldigte dringend tatverdächtig ist“, sagte die Staatsanwältin Titz.

Die elf Jahre alte Sharon und ihre acht Jahre alte Schwester Chiara waren in der Nacht zum 24. März in ihren Kinderzimmern ermordet worden. Die Mutter hatte die leblosen Kinder entdeckt, als sie von der Arbeit in einer Gaststätte nach Hause kam. Der Verdächtige habe Zugang zur Wohnung gehabt, weil die Wohnung nicht verschlossen gewesen sei, sagte Titz. In der Wohnung war DNA sichergestellt worden. Die Rechtsmedizin der Universität München habe am Freitagmittag einen Treffer beim Abgleich gemeldet, sagte Kraus. Der Verdächtige hatte zuvor freiwillig eine Speichelprobe abgegeben. Insgesamt waren von 91 Vergleichspersonen DNA-Proben genommen worden. Zudem gingen 141 Hinweise aus der Bevölkerung ein.

Der Täter muss sich nach Erkenntnissen der Polizei eine Verletzung zugezogen haben. Der 50-Jährige sei verletzt; über Details wollte Kraus jedoch keine Angaben machen. Bei der Tat sei ein gefundenes Messer verwendet worden und wohl auch eine Hantel. Der Beschuldigte habe beim Verhör einen eher distanzierten Eindruck gemacht. Bei zwei Vernehmungen habe er unterschiedliche Aussagen gemacht, wo er sich zur Tatzeit aufgehalten habe.

Die Kinder des Verdächtigen seien inzwischen in die Obhut des Jugendamts gebracht worden, sagte Kraus. Die Frau des 50-Jährigen sei vernommen worden, zum Inhalt ihrer Aussage wollte Kraus keine Auskunft geben. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Tatverdächtige nicht bei der Trauerfeier am Freitag war.

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Acht Tage nach dem Doppelmord an Chiara, 8, und Sharon, 11, in Krailling bei München ist am Freitag ein Tatverdächtiger festgenommen worden. Ein Sprecher der Münchner Polizei bestätigte am späten Abend, dass der Mann zum näheren Umkreis der Familie gehöre. Es handele sich aber weder um den leiblichen Vater der Kinder noch um den Lebensgefährten der Mutter. Spezialkräfte der Polizei hatten den Verdächtigen am Nachmittag im oberbayerischen Landkreis Weilheim-Schongau festgenommen. Laut "sueddeutsche.de" fand der Zugriff im Ort Peißenberg statt.

Chiara und Sharon waren in ihrem Kinderzimmer getötet worden. Die Mutter hatte die Mädchen gefunden, als sie zusammen mit ihrem Freund früh am Morgen von ihrer Arbeit in einer nahen Kneipe heimkam. Die Haustüren waren nicht abgeschlossen. Das hat der Täter offenbar gewusst. Nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks (BR) führte ein am Tatort gesicherter genetischer Fingerabdruck auf die Spur des Verdächtigen. Dabei soll es sich um Blut des Täters handeln. Der jetzt festgenommene Mann hatte während der Ermittlungen freiwillig für einen DNA-Test eine Speichelprobe abgegeben. Seine Vernehmung bei der Mordkommission München dauerte am Freitagabend an. Weitere Ermittlungsergebnisse will die Polizei am Sonntag bekannt geben.

Wenige Stunden vor der Festnahme hatten die Eltern Abschied von ihren Kindern genommen. "In stiller Trauer für zwei liebe Engel", stand auf einem Blumenband. Die private Trauerfeier sei sehr bewegend gewesen, sagte die Kraillinger Bürgermeisterin Christine Borst. Etwa 150 Menschen hätten teilgenommen, unter ihnen viele Angehörige, Freunde und Klassenkameraden. Die Särge hatten Freunde und Mitschüler von Chiara und Sharon mit Acrylfarben bunt bemalen dürfen. Blumen und ein Löwenkopf waren darauf zu sehen sowie Sätze wie "Keiner wird dich je vergessen" oder Mach's gut, du freche Maus". Wann die Mädchen beigesetzt werden, ist noch unklar.

Zu dem Mordfall gingen bisher 110 Hinweise bei der Polizei ein. 80 Speichelproben wurden freiwillig abgegeben. Am Freitag hatten auch die Schulen der Mädchen in Münchner Tageszeitungen Anzeigen geschaltet. "Erschüttert und fassungslos müssen wir erkennen, dass es auf viele Fragen keine Antwort gibt", hieß es darin.

Mit Material von dpa