Neue Angst vor Umweltkatastrophe am Golf von Mexiko. Feuer der Plattform bereits gelöscht. Rätsel um 1,5 Kilometer langen Ölfilm im Meer.

New Orleans. Droht den USA eine neue Umweltkatastrophe? Schon wieder ist im Golf von Mexiko eine Bohrinsel explodiert. In der Nähe der brennenden Ölplattform entdeckte die US-Küstenwache gestern einen etwa 1,5 Kilometer langen und 30 Meter breiten Ölfilm im Meer. Am späten Abend sagte Sprecherin Cheri Ben-Iesau jedoch, die Situation sei noch sehr unübersichtlich, "die Mannschaften vor Ort hätten dies nicht bestätigen können". Auch der Plattform-Betreiber, die US-Firma Mariner Energy aus Houston in Texas (328 Mitarbeiter), erklärte, beim Überfliegen der Unglücksstelle sei kein Ölteppich festgestellt worden. Auch das Feuer ist mittlerweile gelöscht, wie die US-Küstenwache mitteilte.

Der Explosionsort liegt 320 Kilometer westlich der Stelle, an der am 20. April die Bohrinsel "Deepwater Horizon" des britischen Mineralölkonzerns BP detonierte und die schlimmste Ölpest in der Geschichte der USA auslöste. Alle 13 Arbeiter der in Flammen stehenden "Vermilion Oil Platform 380 A" überlebten. Sie wurden von der Wucht der Detonation ins Wasser geschleudert, trugen aber zum Glück Schutzanzüge. Ein Versorgungsschiff zog die Männer aus dem Meer und brachte sie ins Krankenhaus. Ein Arbeiter wurde verletzt. Gestern Morgen um 10 Uhr Ortszeit (17 Uhr MESZ) hatte ein Hubschrauberpilot die Detonation entdeckt. Er schlug sofort Alarm. Neun Helikopter und vier Schiffe der Küstenwache seien daraufhin zu der rund 145 Kilometer südlich von Vermilion Bay im US-Bundesstaat Louisiana gelegenen Bohrinsel aufgebrochen.

Die Bohrinsel befindet sich in 105 Meter tiefem Wasser und damit in weit weniger tiefen Gewässern als die "Deepwater Horizon", bei der es rund 1500 Meter hinunter bis zum Meeresboden ging. Auf der "Vermilion Oil Platform 380 A" wurde entgegen ersten Angaben zum Zeitpunkt des Unglücks doch produziert. Die Ölbohrplattform förderte im Jahr 2009 rund 31 Milliarden Liter Öl aus dem Ölfeld "Vermilion 380". Die dort lagernde Menge an Rohöl wurde Ende 2009 auf 940 Milliarden Liter taxiert. Gefördert wird aus sieben Quellen, die nach der Explosion verschlossen wurden. Ein BP-Sprecher betonte, dass der Konzern in keiner Weise mit der Plattform zu tun habe. Die Ölbranche ist allerdings eng verwoben: Mariner wird gerade in einem 2,7 Milliarden Dollar schweren Geschäft vom Rivalen Apache geschluckt.

Der US-Förderer Apache wiederum hat auch BP mehrere Öl- und Gasfelder für sieben Milliarden Dollar abgekauft. Mit dem Geld bezahlt der britische Konzern die Schäden der Ölpest in den USA. Bei der Explosion seiner Bohrinsel "Deepwater Horizon" waren elf Arbeiter ums Leben gekommen. Anschließend liefen rund 780 Millionen Liter Öl ins Meer. Das Leck in rund 1500 Meter Tiefe konnte erst Ende Juli abgedichtet werden. Bislang sind die Langzeitfolgen für Tier- und Pflanzenwelt noch immer nicht abzusehen. Nach einem Bericht des Wissenschaftsmagazins "Science" hat eine neu entdeckte Mikrobenart offenbar riesige Ölschwaden in den Tiefen des Golfs von Mexiko vernichtet.

Das Weiße Haus in Washington teilte gestern mit, dass zunächst Informationen über den neuen Vorfall gesammelt würden. Robert Gibbs, Sprecher von US-Präsident Barack Obama: "Wenn es Verschmutzungen gibt, werden wir handeln." Die Umweltorganisation Greenpeace reagierte alarmiert auf den neuen Unfall im Golf von Mexiko. "Wie viele Male spielen wir noch mit menschlichen Leben und den Ökosystemen?", sagte Greenpeace-Meeresexperte John Hocevar.