Der bewaffnete Überfall auf ein Poker-Turnier in Berlin endet nun im Berliner Landgericht. Dabei sollte er die große Nummer werden.

Berlin. Mit Machete und Schreckschusspistolen stürmten die vier maskierten Räuber in das Berliner Luxushotel am Potsdamer Platz. Doch der spektakuläre Überfall auf das internationale Pokerturnier brachte am 6. März nicht die erhoffte Millionenbeute und wurde zudem schnell aufgeklärt.

An diesem Montag (9.00 Uhr) beginnt der Prozess gegen die jungen Männer am Berliner Landgericht. Die Räuber mit türkischer und arabischer Herkunft im Alter zwischen 19 und 21 Jahren müssen sich vor einer Jugendstrafkammer wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Nach Jugendstrafrecht können maximal zehn Jahre Haft verhängt werden.

Es werde mit Geständnissen der Angeklagten gerechnet, sagte Gerichtssprecherin Petra Carl. Nur acht Termine sind für den Prozess bislang vorgesehen. Der 21-jährige Angeklagte, der sich als Erster gestellt hatte und „nach intensiven Befragungen“ seine Komplizen verraten hatte, sitzt nun auch wieder in Untersuchungshaft. Der Kronzeuge war nach seiner Aussage zunächst auf freien Fuß gekommen. Doch nun geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass er wie ein weiterer Angeklagter wenige Tage vor dem Überfall auf das Pokerturnier auch bei einem Raubüberfall auf ein Spielcasino dabei war. Diese Vorwürfe werden jetzt jedoch nicht mitverhandelt.

Nachdem der Kronzeuge geplaudert hatte, wurde nach den geflüchteten Räubern mit Fotos, Namen und Haftbefehl gesucht. Ob der 21-Jährige mit einer milderen Strafe rechnen kann, war noch unklar. Der Großteil der Beute von 242000 Euro ist nach wie vor verschwunden. Einer der Räuber gab 4000 Euro zurück. Es tauchten Gerüchte auf, dass das Geld bei Verwandten gelandet sein könnte. Bald war auch klar, dass hinter dem Überfall Drahtzieher stecken mussten. Ein 29-jähriger Libanese, der das Fluchtauto gefahren haben soll, bekommt zusammen mit einem zweiten mutmaßlichen Anstifter einen extra Prozess. Gegen den 31-Jährigen, der als sechster Verdächtiger Ende Mai gefasst wurde, wurde jetzt auch Anklage erhoben. Er soll selbst an einem der Pokertische gesessen haben und per Handy das Signal zum Losschlagen gegeben haben. Er hatte ausgekundschaftet, dass die Startgelder offen gezählt wurden und die Wachleute unbewaffnet waren. Den 29-Jährigen soll er als Organisator gewonnen haben. Bei dem Turnier ging es um eine Million Euro, auch Boris Becker und Autorin Charlotte Roche spielten mit.

Das mit Sturmhauben maskierte Quartett ging aber dilettantisch vor und hinterließ jede Menge Spuren. Schreiend rannten sie mit den Waffen zum Kassenbereich und stopften das Geld aus dem gerade offenen Tresor in Jacken-, Hosen- sowie eine Laptoptasche, wie es in der 28- Seiten-Anklage heißt. Doch dann lief alles aus dem Ruder. Als die Räuber schon am Ausgang standen, fehlte der vierte. Sie liefen zurück und befreiten ihn aus dem Schwitzkasten eines zwei Meter großen Sicherheitsmanns.

Im Handgemenge, bei dem Wachleute Schläge und Tritte abbekamen, blieb ein Großteil der Beute zurück. Die Männer flüchteten panisch. Und dann hatte sich ein Zeuge auch noch die Nummer des Fluchtwagens gemerkt. Erschwerend für die mutmaßlichen Räuber kam hinzu, dass sie der Polizei bereits wegen anderer Delikte bekannt waren.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich die Vier vor dem Überfall mit dem 29-Jährigen in einem Fast-Food-Restaurant trafen. Erst da soll der Ältere ihnen den Plan erklärt haben. Nach dem Coup soll er auch die Beute aufgeteilt, für sich aber den größten Teil behalten haben. Je 40000 Euro sollen die jungen Männer bekommen haben. Die Poker-Räuber hatten wohl auch nicht die Überwachungskameras im Blick. Ihre Gesichter hinter Masken prangten dann von Zeitungstitelseiten. Es dauerte nur zwei Wochen, dann saßen alle Vier in Untersuchungshaft. Ein 19-Jähriger hatte sich zunächst in den Libanon, ein 20-Jähriger in die Türkei abgesetzt. Sie kamen zurück und stellten sich. Noch auf dem Flughafen in Berlin-Tegel klickten die Handschellen. Ein 20-Jähriger war den Ermittlern zufällig bei einer Kontrolle in Berlin ins Netz gegangen. Spekuliert wurde auch, dass Tipps zu den Tätern von einer verfeindeten

arabischen Großfamilie stammen sollen.