Die Katastrophenregion wurde von schweren Unwettern heimgesucht. Der Betreiber der Atomruine in Fukushima zweifelt an seinem eigenen Krisenplan.

Tokio. Die Menschen in den Katastrophengebieten im Nordosten Japans sind am Montag von heftigen Regenfällen heimgesucht worden. Teilweise standen Straßen unter Wasser, Flüsse schwollen bedrohlich an, meldeten Medien. Die Behörden warnten vor möglichen Erdrutschen, da sich durch das Megabeben und den Tsunami vom 11. März stellenweise der Boden gelockert habe. Der Betreiber der Atomruine Fukushima zweifelt derweil langsam daran, die Lage in dem zerstörten Atomkraftwerk bis Jahresende stabilisieren zu können. Immer mehr Menschen sind einer Medienumfrage zufolge unzufrieden mit dem Krisenmanagement von Premier Naoto Kan. Der muss sich bald einem Misstrauensvotum stellen.

In den Flüchtlingslagern riefen die heftigen Regenfälle Erinnerungen an den verheerenden Tsunami wach. „Die Angst vor Überschwemmung ist wirklich furchtbar“, zitierte die Agentur Jiji Press einen 79 Jahre alten Mann in Ishinomaki. Auch im Tiefgeschoss von Reaktor 1 im zerstörten Atomkraftwerk von Fukushima sei der Wasserstand gestiegen, was offensichtlich auf die Regenfälle zurückzuführen sei, meldete Jiji. Der Betreiberkonzern Tepco erwarte jedoch keine Auswirkungen auf den Zeitplan zum Abpumpen radioaktiv verseuchten Wassers, mit dem die Reaktoren bislang gekühlt werden.

Zwei Arbeiter in der Atomruine wurden laut Tepco möglicherweise einer Strahlendosis über dem höchsten zulässigen Wert von 250 Millisievert ausgesetzt, wie die Nachrichtenagentur Kyodo unterdessen berichtete. Eine medizinische Behandlung sei jedoch nicht vonnöten, hieß es. Der Betreiberkonzern zweifele langsam daran, die Lage in dem zerstörten AKW bis Jahresende stabilisieren zu können. Mancher Vertreter von Tepco sei der Ansicht, dass die teilweise Kernschmelze in den Reaktoren 1 bis 3 die Reparaturarbeiten verzögern dürften, wie die Nachrichtenagentur Kyodo erfuhr. Tepco hatte am 17. April erklärt, das AKW in sechs bis neun Monaten stabilisieren zu wollen.

Die Regierung der Katastrophenprovinz Ibaraki will unterdessen zu Beginn der diesjährigen Badesaison zahlreiche Strände auf radioaktive Strahlung untersuchen. Zuvor hatten bereits die Zentralregierung sowie die Regierung der Provinz Fukushima entschieden, Strände am Meer und an Seen ab Juni auf Radioaktivität überprüfen lassen zu wollen. Einige Strände werden geschlossen bleiben, wie Kyodo weiter meldete.

Unterdessen zeigen sich immer mehr Menschen in Japan in Medienumfragen unzufrieden mit dem Krisenmanagement von Ministerpräsident Kan. In einer Telefonumfrage der Wirtschaftszeitung „Nikkei“ und des Fernsehsenders TV Tokyo drückten 74 Prozent ihre Missbilligung aus. Das sind vier Prozentpunkte mehr als im April. Die Opposition will Kan mit einem Misstrauensantrag im Parlament zu Fall bringen. Dieser könnte laut Medien möglicherweise schon an diesem Donnerstag eingereicht werden. Kan ist aber zuversichtlich, ihn zu überstehen. Allerdings regt sich auch in seinem eigenen Lager Unmut.