Berlin. Vor fünf Jahren hat Russland die Schwarzmeer-Halbinsel annektiert. Die EU wirft Moskau nun erneut einen Bruch des Völkerrechts vor.

Am 27. Februar 2014 dringt ein russisches Transportflugzeug vom Typ Iljuschin-76 in den Luftraum des Flughafens Simferopol auf der Krim ein. Der Pilot sendet ein SOS-Signal, meldet einen Notfall. Die ukrainischen Lotsen wundern sich, geben aber grünes Licht. Die Maschine nimmt anschließend Kurs auf den nahe gelegenen Militärflughafen Gwardejskoje, wo sie landet.

Mitten in der Nacht besetzen schwerbewaffnete Männer den Airport von Simferopol. Sie haben keine Hoheitszeichen auf ihren Uniformen und nennen sich „Krim-Selbstverteidigungs-Kommando“. Später stellt sich heraus, dass es sich um Kämpfer eines Sondereinsatzkommandos des russischen Militärgeheimdienstes GRU handelt. So schildert ein Mitglied des Sicherheitsrats in Kiew den Beginn des russischen Überfalls auf die Krim.

Danach geht alles ganz schnell. Zunächst bringen russische Kräfte Sewastopol, den Hauptstützpunkt der eigenen Schwarzmeerflotte, völlig unter ihre Kontrolle. Wenige Tage später sitzen sie an sämtlichen Schaltstellen auf der Krim. Am 16. März stimmen 96,77 Prozent der Wahlberechtigten der Halbinsel für eine Vereinigung mit Russland. Von der Ukraine und dem Westen wird das Referendum nie anerkannt.

Am 18. März unterzeichnen der russische Präsident Wladimir Putin und Politiker aus der Krim sowie der Stadt Sewastopol ein entsprechendes Vereinigungsabkommen im Kreml. Der Westen sieht darin eine Annexion und den Bruch des Völkerrechts. Die EU und die USA verhängen drastische Sanktionen. Der deutsch-russische Handel bricht zwischen 2014 und 2017 massiv ein.

Putin feiert Jubiläum der „Wiedervereinigung“

Viele Krim-Bewohner erinnern hingegen daran, dass ihre Halbinsel zu Sowjetzeiten von dem damaligen Staatschef Nikita Chruschtschow eigenmächtig an die Ukraine verschenkt worden sei. Sie sprechen deshalb von der Wiederherstellung der historischen Gerechtigkeit, die beim Zerfall der Sowjetunion in den 1990ern verpasst worden sei.

Am gestrigen Montag, fünf Jahre nach dem Anschluss, zeigt sich Putin gewohnt selbstsicher. Er feiert mit den Krim-Bewohnern das Jubiläum der „Wiedervereinigung“. Dass da aus Brüssel Rufe der Nato kommen, Russland möge die Halbinsel wieder an die Ukraine zurückgeben, lässt die Festgemeinde kalt. Doch so ganz vom Tisch sind die Befürchtungen wohl nicht, dass der Konflikt um die Krim sich noch einmal zuspitzen könnte. Immerhin ist die militärstrategisch wichtige Halbinsel seit Jahrhunderten umkämpft.

Kriegsschiffe in der Schwarzmeerregion unterwegs

In der Ukraine, die Ende des Monats eine Präsidentenwahl hat, kündigt Amtsinhaber Petro Poroschenko immer wieder an, dass sein Land die Krim wieder unter seine Kontrolle bringen wolle. In den vergangenen Tagen sind in der Schwarzmeerregion immer wieder US-Militärflugzeuge und Nato-Kriegsschiffe unterwegs.

Die Russen registrieren das ganz genau. Zudem beginnt die Nato in der Schwarzmeerrepublik Georgien am Tag der Jahrestagsfeiern auf der Krim ein mehrtägiges Manöver. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu lässt schon vor dem Fest die Truppenpräsenz verstärken.

Jahrespressekonferenz: Putin warnt vor wachsender Atomkrieg-Gefahr durch die USA

USA: In der Ukraine-Krise setzt Donald Trump auf Angela Merkel

Luftabwehrraketen: Wie Russland auf der Krim immer weiter aufrüstet

Erdogan ist im Spätsommer auf der Krim eingeladen

Ein möglicher Einfall ukrainischer Truppen über den Land- oder Seeweg? Die Halbinsel sei heute eine „uneinnehmbare Festung“, beschwichtigt der Chef der Krim-Republik, Sergej Aksjonow. Die Krim habe mit ihrer Schwarzmeerflotte, den Radaranlagen und Raketenabwehrsystemen in der Region mehr Militär als die gesamte Ukraine zusammen.

Derweil setzt Russland mit einer Charmeoffensive im Ausland darauf, dass sich die Einstellung zur Krim auf internationaler Bühne wandelt. Freilich nicht mit Blick auf die EU oder die USA. Es geht um andere Länder. Bei einem Treffen mit Muslimen auf der Krim sagt Putin, dass er seinen türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan zur Eröffnung der großen neuen Moschee eingeladen habe.

Geplant sei das Treffen im Spätsommer. Es wäre der erste Besuch eines ausländischen Staatschefs auf der Krim seit ihrer Einverleibung durch Russland 2014. Und es wäre ein Affront für die Ukraine, die schon bisher immer wieder einfache Besucher auf die schwarze Liste setzt und mit Einreiseverboten belegt.

Darum geht es beim Konflikt zwischen Moskau und Kiew.

Mogherini: Russland bricht internationales Recht

Wegen der drückenden Sanktionen der EU und der USA hofft Russland dennoch auf Investoren, die Arbeitsplätze schaffen und für steigende Einkommen der Krim-Bewohner sorgen. Wirtschaftsleute aus China, Syrien, Italien, aus dem Sudan und anderen Ländern zeigen Interesse an dem Standort, wie die Zeitung „Iswestija“ auf mehreren Sonderseiten am Montag berichtet.

Zum diesjährigen Wirtschaftsforum in Jalta im April würden 3000 Gäste aus 100 Ländern erwartet. Zunehmend größer werde das Verständnis im Ausland, dass die Krim für immer untrennbar mit Russland verbunden sei, meint auch Föderationsratschefin Walentina Matwijenko. Ungeachtet einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes lädt der russische Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, die Deutschen zu einem Besuch auf die Halbinsel ein.

Im Westen sieht man das völlig anders. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini wirft Russland erneut den Bruch internationalen Rechts vor. Zugleich beklagt sie, dass sich die Menschenrechtslage auf der Krim in bedeutendem Maße verschlechtert habe. So würden die Rechte der Krim-Tataren massiv verletzt. Es würden Vertreter der muslimischen Minderheit verfolgt. Und auch die Medien der Krim-Tataren seien geschlossen worden.

Kommentar: Krim-Annexion: Der Westen muss wachsam und entschlossen sein