Der HSV-Trainer analysiert das Trainingslager in Längenfeld . Veh: “Wir haben hier sehr gut gearbeitet.“ Torwartfrage noch offen.

Gelsenkirchen. Die Arme ruhig auf die Lehnen gelegt, wirkte Armin Veh in dem überdimensionalen schwarzen Ledersessel der Bibliothek des Aqua Domes fast, als säße er auf einem Thron. Und spätestens, als der 49-Jährige über seine Prinzipien dozierte, war auch dem Letzten klar, dass der neue HSV-Trainer ein hartes Regiment führt. "Ich habe nie Probleme mit meinen Spielern gehabt", sagte er. Und wenn doch, das war durchaus als Warnung an seine neue Mannschaft zu verstehen, "dann habe ich die Spieler gehen lassen."

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Wirklich Anlass, beim HSV jemanden hinauszuwerfen, hatte Veh in den zurückliegenden zehn Tagen des Trainingslagers in Längenfeld aus sportlichen Gründen nicht. Im Gegenteil: Die Personalie Urs Siegenthaler einmal ausgenommen (siehe Text unten), hatte der neue HSV-Trainer allen Grund zur Freude. "Wir haben hier sehr gut arbeiten und unser komplettes Programm durchziehen können. Und die Älteren arbeiten mit einer bewundernswerten Akribie, die nicht immer selbstverständlich ist", so der 49-Jährige.

Drei Mal auf den großen Holztisch vor sich klopfend, fügte er hinzu: "Am wichtigsten ist, dass sich keiner schwerer verletzt hat."

Dass Veh trotzdem unbequeme Tage vor sich hat, bedingt allein der mit 31 Spielern immer noch zu üppige Kader. "Ich kann nicht zu viele Spieler mitschleppen. Ich will mit 25 Profis inklusive drei Torhütern arbeiten", lautet die klare Ansage des Trainers. Sechs Mann sind zuviel an Bord. Und während der Langzeitverletzte Tunay Torun von den 31 Spielern ebenso abzuziehen ist wie Henrik Dettmann und Robert Labus - beide werden in die U-23-Mannschaft zurückkehren -, stehen mit Mickael Tavares und Maxim Choupo-Moting zwei weitere Streichkandidaten fest. Zudem dürfte es wohl auch den Innenverteidiger David Rozehnal treffen, der in der vergangenen Saison enttäuschte und diesen Eindruck im Trainingslager nicht revidieren konnte. Veh hat er jedenfalls nicht überzeugt.

Damit zeichnet sich für den 30 Jahre alten Tschechen genau die entgegengesetzte Lösung ab wie für seinen Landsmann David Jarolim. "Als gegnerischer Trainer hat er mich nur aufgeregt. Aber jetzt muss ich sagen, dass David ein echter Profi ist", formulierte der neue Trainer ein Extra-Lob an den vorjährigen HSV-Kapitän. Dabei hatten nicht wenige gemutmaßt, dass Veh in Hamburg ohne den 31-Jährigen plant. Die Kritik, die der HSV-Coach äußert, ist als präziser Arbeitsauftrag zu werten: "Er muss sich noch schneller vom Ball trennen - aber ich weiß, dass er das machen wird."

Dass Jarolim weiter Kapitän bleibt, wollte Veh allerdings (noch) nicht bestätigen: "Diese Entscheidung fällt in der nächsten Woche." Und während neben Jarolim, Zé Roberto und Joris Mathijsen selbst Neuzugang Heiko Westermann ein Kandidat für die Kapitänsbinde ist, schließt Veh einen Torwart als neuen Kapitän aus. Wohl auch, weil die Personalie der neuen Nummer eins in sich schon brisant genug ist. "Beide sind gleichauf", beschreibt Veh den Zweikampf zwischen Neuzugang Jaroslav Drobny und dem bisherigen Stammtorwart Frank Rost, der in Längenfeld präsenter erschien und damit einen besseren Eindruck hinterließ. Diplomatisch legte sich Veh noch nicht fest: "Es ist alles offen."

An diesem Sonnabend beim "Liga Total! Cup" in Gelsenkirchen gegen Gastgeber Schalke 04 (16.45 Uhr/Sat.1) wird Rost im Tor stehen, im zweiten Spiel am Sonntag Drobny. "Die endgültige Entscheidung fällt erst in zwei Wochen. Nach dem Pokalspiel und vor dem ersten Punktspiel", sagt Veh.

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Einmal gemütlich in dem thronähnlichen Sessel sitzend, geriet er ins Schwärmen: "Ich fühle mich beim HSV schon jetzt zu Hause. Das ist ein gutes Zeichen, das ich bei meinen vorigen Vereinen so früh nicht empfunden habe", sagt der Trainer. Immerhin hatte Veh von 2006 bis 2008 den VfB Stuttgart trainiert und den Traditionsverein 2007 zur deutschen Meisterschaft geführt. Stuttgart und der HSV, bewertete er, "liegen sehr nah beieinander. In allen Belangen"

Kann ein solcher Vergleich als Omen dienen? Sollte Veh mit dem HSV tatsächlich die Meisterschale holen, würde er am 14. Mai 2011 gefeiert. Wie ein König - auf seinem neuen Thron, dem Hamburger Rathausbalkon.