Nun ist die Zeit für Klaas-Jan Huntelaar endlich gekommen. Gegen Portugal kann der Schalker beweisen, dass er zu Unrecht auf der Bank saß.

Charkow. Mit geballter Hilfe aus Deutschland wollen die Niederlande das erste Vorrunden-Aus bei einer EM seit 32 Jahren doch noch verhindern. In Charkow soll Bundesliga-Torschützenkönig Klaas-Jan Huntelaar am Sonntag (20.45 Uhr/Liveticker auf abendblatt.de) mit seinen Treffern für den nötigen Zwei-Tore-Sieg gegen Portugal sorgen, im rund 1000 Kilometer entfernten Lwiw die DFB-Elf im Parallelspiel Dänemark bezwingen. Nur bei dieser Konstellation hat der Vize-Weltmeister noch eine Möglichkeit auf das Weiterkommen.

„Wir werden unsere letzte Chance mit aller Macht ergreifen“, kündigte Huntelaar an. Der Schalker wird im Alles-oder-Nichts-Spiel erstmals bei dieser Fußball-Europameisterschaft von Beginn an auflaufen. „Wir haben zweimal verloren. Daher werde ich etwas ändern“, kündigte der umstrittene Bondscoach Bert van Marwijk an. Doch wie immer verriet er auch bei der Abschluss-Pressekonferenz im Metalist-Stadion nichts genaues über die Aufstellung. „Die größte Änderung ist, dass wir jetzt ein Endspiel haben. Daran richtet sich unsere Taktik aus. Wir wissen, was zu tun ist“, sagte er am Sonnabend.

Alles deutet darauf hin, dass van Marwijk erstmals Huntelaar und Premier-League-Star Robin van Persie gemeinsam aufbieten wird, so wie von Fans und Experten seit langem gefordert. Van Persie soll hinter Huntelaar als „Schattenspitze“ agieren, Regisseur Wesley Sneijder rückt dafür auf die linke Seite, Arjen Robben besetzt weiter den rechten Flügel. Auch der Bayern-Profi ist heiß auf das Duell mit dem Angstgegner, gegen den die Elftal nur einmal gewann. „Ich bin ein Siegertyp und will mit dieser Mannschaft etwas erreichen“, sagte Robben. „Darum beschäftige ich mich nicht mit dem Ausscheiden, sondern nur mit dem, was wir noch schaffen können.“

Portugals Trainer Paulo Bento ist das alles egal. Er mag sich nicht so sehr an der Aufstellung des Gegners orientieren, sondern vertraut der Stärke seines Teams und der Schusskraft von Cristiano Ronaldo, der bisher aber leer ausging. „Selbst wenn die Holländer mit den beiden Stürmern Huntelaar und van Persie spielen, ändern sie ihr System nicht grundsätzlich. Sie lieben es, Ball und Spiel zu kontrollieren und sind immer offensiv ausgerichtet“, sagte Bento. Der heftig kritisierte Real-Star versucht derweil, gelassen zu bleiben. „Wenn ich keine Tore schieße und das Team gewinnt, dann bin ich voll zufrieden“, sagte Cristiano Ronaldo nach dem 3:2 gegen Dänemark.

Robben wurde von van Marwijk nach der Niederlage gegen die DFB-Elf zwar wie sein Flügelpartner Ibrahim Afellay heftig kritisiert, dennoch wird der Münchner eine neue Chance erhalten. Für Kapitän Mark van Bommel hat van Marwijk dagegen zunächst wohl keinen Platz mehr. Dass sein Schwiegersohn neben ihm auf dem Podium saß, können man deuten wie man wolle. Spielt er deshalb? „Dass heißt es nicht“, sagte van Marwijk. Der 35 Jahre alte van Bommel muss wohl Rafael van der Vaart weichen, von dem sich der ehemalige Dortmund-Trainer mehr kreative Impulse aus dem defensiven Mittelfeld erhofft.

Höwedes oder Bender rechts – geschont wird keiner

Van Bommel hat jedoch an Einfluss verloren, heimlicher Kapitän im Oranje-Team ist längst Wesley Sneijder. Der Edeltechniker von Inter Mailand gibt auf dem Platz die Kommandos und soll auch dazu beigetragen haben, dass van Marwijk nach zwei Pleiten endlich über seinen Schatten springt und die Aufstellung ändert. „Vor zwei Jahren standen wir noch im WM-Finale. Und jetzt soll nach der Vorrunde Schluss sein? Das darf nicht sein“, sagte Sneijder. „Wir müssen die Portugiesen von der ersten Minute an unter Druck setzen, jetzt heißt es nur noch Alles oder Nichts.“

Doch die Portugiesen wollen selbst ihre Chance nutzen und in die K.o.-Runde einziehen. Mut macht ihnen besonders ein Blick in die Statistik. Von zehn Duellen mit den Niederlanden verlor Portugal nur ein einziges. Wenn es um etwas ging, hatten die Südeuropäer stets das bessere Ende für sich: Im Achtelfinale der WM 2006 in Deutschland und zwei Jahre zuvor im Halbfinale der EM in Portugal kam für das Oranje-Team gegen die Portugiesen ebenso das Aus wie in der Qualifikation zur WM 2002 in Japan und Südkorea. (dpa/abendblatt.de)