Hamburg. Wie Sie Bewegung in Ihr tägliches Leben integrieren. Beginnen Sie mit einem Spaziergang. Fortgeschrittene sollten Treppen steigen.

In diesen sonnigen Tagen, in denen das öffentliche Leben wieder ein bisschen Fahrt aufnimmt, Läden öffnen, Menschen in ihre Büros zurückkehren, sollten Sie die Chance nutzen, Bewegung in Ihren Alltag zu integrieren, am besten regelmäßig. Bewegungsmangel bleibt schließlich in Deutschland eine der Hauptursachen vieler Zivilisationskrankheiten. Unsere Vorfahren kannten diese Probleme kaum. In den 1890er-Jahren wurden in Hamburg nur wenige Todesfälle nach Herzinfarkten regis­triert. Rund 130 Jahre später stirbt fast jeder Zweite wegen Schädigungen seines Herz-Kreislauf-Systems.

Früher bewegten sich die Menschen viel und aßen wenig. Geld und Angebote fehlten dafür. Heute ist es meist umgekehrt. Obwohl wir überwiegend sitzen, ernähren wir uns, als würden wir weiter körperliche Schwerstarbeit leisten. Daraus folgt eine vermehrte Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüse. Bei jahrelanger Überbeanspruchung kann daraus Diabetes Typ 2 entstehen, rund sieben Millionen Menschen in Deutschland leiden darunter. Die möglichen Spätfolgen: Jährlich müssen rund 50.000 Zuckerkranken Füße amputiert werden, etwa 15.000 erblinden. Das sind erschreckende Zahlen aus dem Jahr 2018.

Der aktive Mensch braucht kaum Insulin

Schon jede Art Muskeltätigkeit mit höherem Energieumsatz vermindert den Insulinbedarf des Körpers, verhindert, dass zu viel Zucker im Blut schwimmt und am Ende kleinste Blutgefäße und Adern verstopft. Der aktive Mensch braucht kaum Insulin. „Empfinden Sie jede zusätzliche Möglichkeit zur Bewegung als Geschenk.

Ärgern Sie sich nicht, wenn Sie irgendetwas vergessen oder liegen gelassen haben und es holen müssen. Auch das sind ein paar Schritte mehr, die Sie sonst nicht gehen würden. Sie werden feststellen, dass bereits geringe Aktivitäten ausreichen, um sich nach einigen Tagen besser zu fühlen“, sagt der ehemalige Hamburger Universitätsprofessor Klaus-Michael Braumann (70), Ehrenpräsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention.

Seine zehn Tipps:

  • 1. Fangen Sie mit einem kleinen Spaziergang um den Häuserblock an. Der entspannt und entstresst. Gerade wenn Sie erschöpft und abgespannt von der Arbeit zurückkehren, wirkt sich Bewegung positiv auf Ihre Stimmung und Psyche aus.
  • 2. Vermeiden Sie zu Hause und unterwegs alle Aufstiegshilfen wie Rolltreppen und Fahrstühle. Benutzen Sie, wo immer sich Ihnen die Chance dazu bietet, die Treppe. Ein Stockwerk am Anfang, steigern Sie das Pensum langsam, aber kontinuierlich. Für Fortgeschrittene bietet sich das Treppenviertel an der Elbe an.
  • 3. Steigen Sie im Bus oder bei U- und S-Bahn mal eine Station vorher aus, laufen Sie die restliche Strecke zu Fuß. Lassen Sie zum Einkaufen das Auto stehen. Gehen Sie zu Fuß oder fahren Sie Rad.
  • 4. Wenn Sie im Büro Ihre Kollegen sprechen wollen, greifen Sie nicht zum Telefonhörer oder schreiben eine Mail, sondern besuchen ihn. Das verbessert die Durchblutung und es führt auch zu einer angenehmeren Art der Kommunikation.
  • 5. Müssen Sie doch telefonieren, setzen Sie sich nach dem Gespräch kerzengerade hin, ziehen Sie dabei die Schultern nach oben. Oder stehen Sie nach dem Telefonat auf, strecken sich, führen Sie die Hände über dem Kopf zusammen und versuchen nach imaginären Gegenständen zu greifen. Am besten stellen Sie sich dabei auf die Zehenspitzen. Fortgeschrittene können diese Übung auch auf einem Bein ausführen – oder im Schneidersitz vom Fußboden aus.
  • 6. Zur Kräftigung Ihrer Po- oder Rückenmuskulatur legen Sie Ihren Oberkörper auf einen Tisch, die Hüfte ist gebeugt. Strecken Sie ein Bein nach hinten, spreizen Sie es gleichzeitig ab, so weit es geht – so wie es Hunde am Laternenpfahl tun.
  • 7. Trinken Sie viel, möglichst Wasser. Das schwemmt nicht nur Schadstoffe aus Ihrem Körper, Sie müssen auch öfter zur Toilette g e h e n.
  • 8. Stellen Sie sich beim Zähneputzen ans Waschbecken und machen einbeinige Kniebeugen. Beugen Sie das Knie vorsichtig, erst zehn, später 20 Grad und mehr, wenn Sie können. Damit kräftigen Sie Ihre Oberschenkelmuskulatur, verbessern Ihre Koordinationsfähigkeit.
  • 9. Stehen Sie von Ihrem Sofa oder Ihrem Stuhl auf, ohne dafür die Hände zu Hilfe zu nehmen.
  • 10. Bewegen Sie sich viel in der Natur. Schauen Sie sich dabei um, entdecken Sie Ihre Umgebung, genießen Sie das, was Sie sehen. Sie trainieren Ihren Körper, leisten gleichzeitig etwas für Ihre mentale Entspannung. Auch Gartenarbeit an frischer Luft bleibt ein ideales Betätigungsfeld – gerade jetzt mit eingeschränkten Sportmöglichkeiten.
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Wenn Sie beginnen, Bewegung als Teil Ihres Alltags zu betrachten, werden Sie bald erste Effekte spüren, sich wohler und belastbarer fühlen. Sie werden Fett verbrennen, Muskelmasse aufbauen, was nicht nur langfristig zur Reduzierung des Körpergewichts führt, sondern auch das Herz entlastet. Ist der Körper trainiert, sinkt die Herzfrequenz. Und irgendwann werden Sie auch noch Lust bekommen, regelmäßig Sport zu treiben.

Klaus-Michael Braumann und Jan Schröder: „Wie bleibe ich fit“, 176 Seiten, Verlag Ellert Richter, 14,95 Euro; ISBN: 3831906181

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