Hamburg. Vereine, Verbände und kommerzielle Anbieter rüsten sich für eine mögliche Lockerung der Coronaregeln in der Hansestadt.

Die wichtigsten Worte für Fußball-Deutschland verbergen sich oben auf Seite drei. Schwarz auf weiß steht dort als Empfehlung der renommierten Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina, dass „sportliche Veranstaltungen nach und nach wieder ermöglicht werden“ sollten. Die in Aussicht gestellten Lockerungen der Coronaeinschränkungen müssten aber „in Abhängigkeit von der möglichen räum- lichen Distanz und den Kontaktintensitäten der Beteiligten“ geprüft werden.

Wie dieser Vorschlag ausgelegt wird, hat entscheidende Bedeutung nicht nur für die Fußball-Bundesliga, sondern für den gesamten Sportbetrieb. Sind „Beteiligte“ Spieler und Sportler? Dann wäre die Debatte über einen Restart der Bundesliga am 9. Mai beendet, jeder Teamsport bis auf Weiteres undurchführbar. Wären als „Beteiligte“ vor allem Zuschauer und Personen gemeint, die den Ablauf des Spielbetriebs gewährleisten, darf auf eine baldige Wiederaufnahme gehofft werden. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) arbeitet für diesen Fall jetzt einen detaillierten Ablaufplan aus.

Corona-Schnelltests im Fußball

Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit bleiben in jedem Fall für absehbare Zeit die einzige Möglichkeit, die Fußballsaison zu Ende zu führen und die nächste zu beginnen. Leopoldina-Präsident Gerald Haug mutmaßte, dass in vollen Stadien und Hallen erst in eineinhalb Jahren wieder gespielt werden könnte.

Sollte die Fußball-Bundesliga von der Politik die erwünschte Ausnahmegenehmigung erhalten, dürfte die Regelung für alle anderen Mannschaftssportarten gelten. Nur: Während der Fußball mit bis zu 20.000 Schnelltests für alle am Spielbetrieb Beteiligten die Ansteckungsgefahren minimieren will, bleibt offen, ob die bisher nicht abgesagten Basketball-, Handball- und Hockey-Bundesligen diese Anforderung finanziell und logistisch leisten können; ganz abgesehen davon, ob in den nächsten Wochen die dafür notwendige Zahl an Testkits für den Sport zur Verfügung stünde.

Alle anderen Verbände stehen ebenfalls in den Startlöchern. Der Hamburger Sportbund (HSB), Dachorganisation von 830 Vereinen mit 542.000 Mitgliedschaften, tauscht sich derzeit mit dem Sportamt über sportartspezifische Möglichkeiten aus. Fakt ist: Vereinssport kann erst wieder beginnen, wenn die Politik über Lockerungen in diesem Bereich entscheidet. Viele Vereine und Verbände machen sich hierzu Gedanken. „Individualsport, überhaupt Sport im Freien, wird sicherlich schneller möglich sein als Mannschaftssport“, sagt HSB-Spreche­rin Steffi Klein, „Reha-, Gesundheits- und Seniorensport dürften wegen der zumeist älteren Teilnehmer wahrscheinlich erst später freigegeben werden.“

Vereinssport: Frank Fechner, Vorsitzender des Eimsbütteler Turnverbands (ETV), mit 16.000 aktiven Mitgliedern einer der größten Sportvereine Hamburgs, ist skeptisch, ob der Sport bereits in der ersten Runde der Lockerungen bedacht wird. „Ich zweifle auch, ob es machbar ist, zwischen einzelnen Sportarten zu differenzieren. Eine Ungleichbehandlung könnte schwer vermittelbar sein.“ Fechner kann sich aber vorstellen, dass in einer ersten Runde unter geltenden Abstands- und Hygieneregeln Tennis, Golf, Bogensport, Leichtathletik und Gymnastik in Kleingruppen in größeren Hallen von den Vereinen angeboten werden darf. Später könnten Badminton und Tischtennis dazukommen, im letzten Schritt Kontaktsportarten und Kurse für Risikogruppen, obwohl diese regelmäßige Bewegung mit am nötigsten hätten.

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Olympiastützpunkt: Für die 78 Mitglieder des Teams Hamburg, in dem die Olympiakader der Stadt gefördert werden, gilt aktuell ein Trainingsverbot am Olympiastützpunkt in Dulsberg. Leiterin Ingrid Unkelbach bemüht sich seit Wochen um eine Lockerung, wie sie in anderen Bundesländern für Kaderathleten längst gilt. Ausnahmeanträge für die Schwerpunktsportarten Schwimmen, Beachvolleyball und Hockey sind gestellt. „Wir könnten sofort mit dem Betrieb beginnen, die Einhaltung der Hygienevorschriften wäre kein Problem“, sagt Unkelbach. Bis zur Verschiebung der Olympischen Spiele war Training für Olympiakader möglich, das Prozedere ist also gelernt. Im Kraftraum würden Athleten nur je eine Hantel und Matte nutzen, die im Anschluss desinfiziert wird. Die Trainingsgruppen würden zeitlich und räumlich getrennt und stets vom gleichen Coach angeleitet.

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Fitness: Die rund 300 Studios in Hamburg mit ihren mehr als 300.000 Mitgliedern bereiten ebenfalls eine stufenweise Wiedereröffnung vor, rechnen damit frühestens Mitte Mai. Denkbar ist die Reduzierung der Kursteilnehmer, damit jedem acht bis zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen. Voranmeldungen wären dann nötig. Auch könnte die Zahl der Besucher der Anlagen limitiert werden, wie die Zahl der Geräte (Stepper, Fahrradergometer, Laufbänder). Als Pro­blemzonen – wie in den Vereinen – blieben Umkleideräume, der Nassbereich inklusive Sauna und Schwimmbecken. Eine Möglichkeit: zu Hause umziehen und duschen.

logo hamburg macht sich fit

Golf und Tennis: „Der Golfsport vereint in Coronazeiten alles Gute“, sagt Dominikus Schmidt, Geschäftsführer des Hamburger Verbandes. Auf den Anlagen ist es problemlos möglich, Hygienevorschriften und Abstand einzuhalten, selbst bei Dreier- oder Viererflights. Schmidt steht mit allen 20 Clubs und Anlagen des Verbands in Kontakt. Diese bereiten, sofern nicht schon vorhanden, Startzeitensysteme vor, damit die Spieler zum Beispiel in zehnminütigem Abstand abschlagen könnten. Zum Schutz würde auch darauf verzichtet, beim Putten die Fahne herauszuziehen. Die Abschlagmatten auf der Driving Range haben ohnehin den nötigen Abstand, Gas­tronomie und Umkleiden würden vorerst geschlossen bleiben.

„Bis wir neben dem privaten Individualsport wieder Turniere organisieren dürfen, wird es noch eine ganze Zeit dauern“, glaubt Schmidt, der sehnsüchtig auf den Startschuss wartet: „Die Greenkeeper haben die vergangenen Wochen genutzt, die Plätze befinden sich in einem sehr guten Zustand.“ Gleiches gilt im Tennis, wo aktuell überall der Betrieb ruht. Der deutsche Verband sendete am Dienstag ein Positionspapier an die Bundes- und Landesregierungen, wie Trainings- und Spielbetrieb unter Auflagen sofort aufgenommen werden könnte. Vereine und kommerzielle Anbieter wären für den Neustart bereit.

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Wassersport: Die Segel- und Bootsstege an der Alster und anderen Gewässern gelten als Sportanlagen und Freizeiteinrichtungen, die per Verfügung geschlossen sind. Wer privat ein Gefährt, etwa ein Stand-up-Paddling-Board oder Kajak, auf der Alster und den Kanälen nutzen will, kann dies tun, sofern es an einem öffentlich zugänglichen Ort ins Wasser gelassen wird. Aber gerade in der Brutzeit, so mahnt die Umweltbehörde, sollten sensible Uferbereiche gemieden werden, um Wasservögel zu schützen. Auch die Segelschule Käpt’n Prüsse an der Außenalster ist geschlossen, sie bereitet aber alles für den Saisonstart vor, der am 4. April geplant war.

„Ende der Woche sind wir fertig, dann kann es von uns aus losgehen“, sagt Karl Köhler, einer der Betreiber. „Wir könnten den Segelbetrieb mit einigen Vorsichtsmaßnahmen wieder aufnehmen.“ Dazu zählten: nicht mehr als zwei Personen im Boot, Abstandsregeln einhalten. Die rund 6,50 Meter großen Valk-Boote böten Platz dafür; die Fläche für die Segler ist rund 3,50 Meter groß. Auch Masken könnten beim Segeln, anders als bei vielen anderen Sportarten, getragen werden. Zurückhaltender ist der Clubmanager des Norddeutschen Regatta Vereins (NRV), der den Betrieb vorerst bis zum 30. April eingestellt hat. „Das Verständnis für die gegenwärtigen Restriktionen ist groß“, sagt Klaus Lahme. Der NRV ist dabei, den Regattabetrieb neu zu organisieren. Auf seiner Homepage bietet er in Videos täglich Cardio- und Krafttrainingseinheiten für zu Hause an. Motto: fit@home.

Kampfsport: Diverse Vereine und kommerzielle Studios bieten virtuelle Trainingseinheiten an. Geregeltes Training ist aktuell nicht möglich – und dürfte aufgrund der Abstandsregeln auch in naher Zukunft schwierig sein. Gleichwohl wären die Profiboxställe Universum und EC und Landestrainer Christian Morales für den sofortigen Wiederbeginn des Trainings in Kleingruppen bereit. EC-Chef Erol Ceylan (48) nutzte die Auszeit unterdessen für eine großartige Hilfsaktion. Er spendete der Stadt 15.000 hochwertige FFP-2-Schutzmasken, die er persönlich aus Frankfurt am Main abholte.

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