Trainer Jogi Löw und seine Rasselbande zu Besuch im EM-Land zum Testspiel am Dienstag gegen Polen. Torhüter Wiese darf für 90 Minuten ran.

Danzig. Als Joachim Löw mit seinen Spaß-Fußballern zum Schnupperkurs im EM-Land eingeschwebt war, lachte ihnen gleich wieder die Sonne entgegen. „CIESZYMY SIE NA ROK 2012“ – „WIR FREUEN UNS AUF 2012“, prangte zweisprachig in großen Lettern zur Begrüßung auf dem Teambus, der Philipp Lahm und Co. direkt auf dem Rollfeld des Danziger Flughafens in Empfang nahm. Gute Laune ist bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die ihr luxuriöses EM-Quartier schon gebucht hat, nach der Qualifikation für den Sommer-Höhepunkt 2012 das Standardgefühl. Bundestrainer Löw aber will beim Test-Länderspiel in Polen am Dienstag (20.45 Uhr/im Liveticker auf abendblatt.de) seine Personaloptionen ernsthaft prüfen.

„Wir werden alles dransetzen, die Spannung hochzuhalten. Jedes Länderspiel gehen wir ernsthaft an“, sagte der Bundestrainer vor der Partie in Danzig. Supertalent Mario Götze darf ebenso vom Anpfiff an vorspielen wie Ersatztorwart Tim Wiese, dem Löw einen Einsatz über 90 Minuten versprach. Simon Rolfes wird ebenso in der Anfangsformation stehen, fraglich ist weiterhin der Einsatz des angeschlagenen Benedikt Höwedes.

+++ Ohne Özil, Schweinsteiger und Neuer gegen Polen +++

Die Stammkräfte Miroslav Klose und Lukas Podolski fiebern derweil dem ersten Auftritt im Land ihrer Vorfahren entgegen. „Das ist schon etwas ganz Besonderes. Man ist dort geboren, man beherrscht die Sprache perfekt. Poldi und ich freuen uns, dass wir in Polen spielen können“, sagte Klose.

Beim Ortstermin am Ostseestrand kann Löw am Dienstag seinen 50. Sieg als Bundestrainer einfahren. Doch blanke Resultate sind für Löw nach der Siegesserie in der Qualifikation sekundär. Ein möglicher Euphorie-Dämpfer würde den 51-Jährigen nicht aus der Ruhe bringen. Wie in Testspielen gegen weniger renommierte Gegner üblich, schickt Löw in Danzig auch Spieler aus der zweiten Reihe ins Rennen, damit das Fundament seines EM-Kaders keine Risse hat.

Für Klose und Podolski kam eine freiwillige Auszeit überhaupt nicht infrage. Ausdrücklich bat Klose den Bundestrainer, ihm die erste Möglichkeit zum Kick in seinem Geburtsland nicht zu nehmen. Auch Podolski wird das Spiel der Emotionen nicht verwehrt. „Ich freue mich nicht nur auf das Spiel, sondern auch auf die EM im nächsten Jahr, auch wenn es noch ein Stückchen hin ist“, sagte Klose.

Mehr Platz für Gefühle ist aber nicht: In der neuen EM-Arena lässt Löw für den geschonten Mesut Özil wie vor vier Wochen beim tollen Brasilien-Test den allseits umjubelten Götze in der Startformation ran. Im Tor bekommt der im DFB-Trikot in vier Einsätzen bislang sieglose Wiese eine Chance. Davor rückt Per Mertesacker erstmals seit gut fünf Monaten und kurz vor seinem Umzug nach London wieder in die Abwehrformation. Ob dessen Nebenmann Jérôme Boateng oder Mats Hummels sein wird, ließ Löw noch offen.

Der Kampf um die 23 persönlichen EM-Tickets ist nun in vollem Gange. „Die Möglichkeiten heute sind größer. Der Kader ist in der Breite qualitativ sicherlich anders besetzt. Es können auch Spieler mal adäquat ersetzt werden“, sagt Löw.

Während der Bundestrainer die sportlichen Grundlagen für den Titeltraum vorantreibt, hat der DFB nach der Qualifikation schnell gehandelt. In Danzig wurde am Montag das EM-Quartier präsentiert. Im Luxushotel „Dwór Oliwski“ vor den Toren des EM-Spielortes werden Bastian Schweinsteiger, Mesut Özil und Co. im kommenden Sommer fürstlich logieren. „Als wir in Danzig waren, war das Liebe auf den ersten Blick“, berichtete DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach von der Hotelsuche.

Auch DFB-Teammanager Oliver Bierhoff freute sich über den schnellen Quartier-Deal: „Wir finden hier alle unsere Kriterien erfüllt. Wir haben ein Hotel gefunden, wo wir eine entspannte, familiäre Atmosphäre aufbauen können, wo wir exklusiv für uns sind“, sagte Bierhoff, der Danzigs stellvertretendem Bürgermeister Andrzej Bojanowski ein T-Shirt mit dem gleichen freundlichen Slogan wie auf dem Teambus übergab.

Ganz Europa bewundert respektvoll die neue deutsche Fußballkunst. Das DFB-Team wird auf dem Kontinent als erster Kandidat gehandelt, die spanische Herrschaft zu brechen. Der Bundestrainer muss aber Realismus walten lassen. „Keiner wird vor uns auf die Knie fallen. Bei dem Turnier müssen wir uns in jedem Spiel beweisen“, sagte Löw - und warnt bereits vor Größenwahn. „Die Erwartungshaltung ist jetzt schon immens groß, dabei ist die EM relativ weit weg.“ Auch Team-Routinier Klose sieht noch ganz viel Potenzial in der Fußball-Rasselbande. „Wir haben nach der WM den nächsten Schritt gemacht, das wollten wir auch. Wir sind aber sicherlich noch nicht am Ende unserer Entwicklung angelangt.“