Der Madrid-Star erzielte zwei Treffer. Vorzeitiges Erreichen der EM-Endrunde 2012 perfekt. Auch Klose, Podolski, Schürrle und Götze trafen.

Gelsenkirchen. Am Ende eines intensiven Arbeitstages huschte ein leises Lächeln über sein Gesicht. Mesut Özil, 22, wird nie ein Mann der lauten Töne. Dabei hätte der deutsche Nationalspieler türkischer Herkunft, gestern Abend allen Grund gehabt, in der Schalke-Arena, seiner einstigen Heimat, einen wahren Jubelorkan zu entfachen. Zwei Treffer steuerte Özil in Gelsenkirchen zum verdienten 6:2-(3:1-)Sieg im EM-Qualifikationsspiel gegen Österreich bei. Eigentlich waren es sogar drei - denn sein strammer Schuss in der 8. Minute zur 1:0-Führung war von Stürmer Klose kaum merklich berührt worden. Mit dem achten Sieg in der EM-Qualifikation löste das Team von Bundestrainer Joachim Löw vorzeitig das Ticket für die EM-Endrunde 2012 in Polen und in der Ukraine.

Die letzten beiden Spiele in Istanbul gegen die Türkei (7. Oktober) und in Düsseldorf gegen Belgien (11. Oktober) kann die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nun dazu nutzen, einen statistischen Bestwert zu erzielen: Noch nie gelang es einer DFB-Auswahl, eine EM-Qualifikation ohne Remis und Niederlage zu beenden. Anlässlich des Freundschaftsspiels am Dienstagabend in Danzig gegen Polen kann die Nationalelf schon einmal ihr EM-Quartier besichtigen.

Joachim Löw, der 2006 sein erstes Spiel in Gelsenkirchen als Bundestrainer bestritt (3:0 gegen Schweden) und die Spieler haben längst das Motto für die Europameisterschaft ausgegeben: Mission 2012. Dahinter steckt natürlich der erste Titelgewinn seit der EM 1996. Wie hungrig Trainer und Spieler darauf sind, diesen selbst erteilten Auftrag auch zu erledigen, zeigte sich in der Schalker Arena. Wie Hyänen fielen die Nationalspieler nach einem kurzen Abtasten in der ersten Halbzeit über den Gegner her und erdrückten förmlich den international allerdings nur zweitklassigen Gegner. Die Österreicher hatten gegen das gute technische Niveau bei hohem Tempo, gepaart mit einer wunderbar anzuschauenden Spielfreude, nichts entgegen zu setzen. "Wir wissen, was wir können. Unser Ziel muss sein, nun einen Titel zu holen", sagte Özil.

Für den gelungenen Auftakt eines Fußballfestes sorgte ausgerechnet Mesut Özil, der in Gelsenkirchen aufgewachsen ist und der bisher nicht gerade für einen ausgeprägten Torriecher bekannt war. Während er früher häufig die besten Chancen ausließ, nutzte er dieses Mal seine Möglichkeiten nahezu perfekt. Offenbar zahlt sich sein Spezialtraining in Madrid inzwischen aus. Özil absolviert nach den Einheiten gerne noch Zusatzschichten: "Ich schnappe mir den Torwart und übe Torraumszenen."

Aber es war nicht alleine der überragende Özil, der dem deutschen Spiel Kraft gab. Lukas Podolski, von Löw in den vergangenen Tagen unter Druck gesetzt ("Lukas schöpft sein enormes Potenzial nicht immer aus"), erzielte bereits in der 28. Minute das 3:0. Auch Toni Kroos überzeugte mit vielen gelungenen Aktionen, während Thomas Müller über die rechte Seite enorm viel Druck machte. Und auch mit seinen Einwechslungen hatte Löw Glück. Die Joker André Schürrle und Mario Götze stachen, bereiteten in der Schlussphase Österreich mit ihren Treffern ein regelrechtes Debakel.

Allerdings zahlte die DFB-Elf auch zuweilen den Preis für ihr Vorwärtsdenken. In der Defensive ging man mitunter etwas sorglos zu Werke. Gegen qualitativ hochwertigere Gegner darf sich das Team von Löw so etwas mit Sicherheit nicht erlauben. Die Anschlusstreffer von Arnautovic zum 3:1 und von Harnik zum 4:2 waren symptomatisch für die Unkonzentriertheiten. Löw reagierte am Spielfeldrand genervt, nahm sein Team dann aber in Schutz: "Wenn man so offensiv spielt wie wir, dann bekommt man auch mal ein Tor. Mir ist es lieber, dass wir nach vorne viele Aktionen haben. Es ist unsere Philosophie, permanent nach vorne zu gehen."

Allerdings weiß auch Löw, dass es voreilig wäre, Deutschland nach der gelungenen EM-Qualifikation zu 100 Prozent titelreif zu erklären. Dafür waren die Gruppengegner Österreich, Belgien, Türkei, Kasachstan, Aserbaidschan kein echter Maßstab. In Polen und der Ukraine, das ist sicher, werden 2012 ganz andere Kaliber warten.

Deutschland: Neuer - Höwedes (46. Boateng), Hummels, Badstuber, Lahm - Schweinsteiger - Müller, Kroos (85. Götze), Özil, Podolski (74. Schürrle) - Klose.

Österreich: Gratzei - Klein, Schiemer, Pogatetz, Fuchs - Ekrem Dag, Baumgartlinger, Alaba, Royer (73. Hoffer) - Harnik, Arnautovic.

Tore: 1:0 Klose (8.), 2:0 Özil (23.), 3:0 Podolski (28.), 3:1 Arnautovic (42.), 4:1 Özil (57.), 4:2 Harnik (51.), 5:2 Schürrle (83.), 6:2 Götze (89.) Zuschauer: 53 000. Schiedsrichter: Tagliavento (Italien).