Hockey-Nationalspieler Tobias Hauke ist seit diesem Sommer wieder Hamburger. Er holte 2010 mit der deutschen Auswahl WM-Silber.

Hamburg. Jeder Mensch muss in seinem Leben Weichen stellen, um sein Dasein in neue Bahnen zu lenken. Tobias Hauke war 14 Jahre alt, als er sich zu entscheiden hatte zwischen einer Karriere im Tennis oder im Hockey. Beide Sportarten übte er seit seinem vierten Lebensjahr im Harvestehuder THC aus, er war im Tennis in der deutschen Rangliste platziert, aber er liebte das Hockey mehr, weil es ihn faszinierte, Sieg und Niederlage mit anderen zu teilen. "Die Wahl ist mir unheimlich schwer gefallen, aber ich habe mich für den Teamsport entschieden", sagt er.

Fast zehn Jahre sind seitdem ins Land gegangen, und Hauke kann mit Überzeugung sagen, dass er die Weiche damals richtig gestellt hat. Der 23-Jährige ist 133-maliger Nationalspieler, seit 2008 in Peking Olympiasieger, in diesem Jahr gewann er in Indien WM-Silber, dazu mit Rot-Weiß Köln den Hallen-Europapokal und den nationalen Feld-Titel. Mitte November kürte ihn der Weltverband IHF zum U-23-WeltHockeyspieler des Jahres. Doch wenn man ihn fragt, welcher Moment 2010 der wichtigste gewesen ist, erhält man eine Antwort, die den Menschen Tobias Hauke perfekt charakterisiert.

"Das Beste in diesem Jahr war, dass ich nach Hamburg zurückgekehrt bin", sagt er. Hauke war im Sommer 2008 nach Köln gewechselt, zur besten deutschen Vereinsmannschaft, weil er unbedingt deutscher Meister werden wollte. Das gelang zweimal in Serie, doch im Herzen blieb der BWL-Student immer ein Schwarz-Gelber. Er verbrachte einen Großteil seiner Freizeit in Hamburg, und das nicht nur, weil Freundin Alina Fischer, selbst Bundesligaspielerin im HTHC, in der Stadt geblieben war. Die tiefe Leidenschaft für seinen Heimatverein trieb ihn immer wieder zurück. In diesem Sommer wurde sie so stark, dass er trotz eines laufenden Vertrags in Köln um die Freigabe bat.

Für einen wie ihn, der das Potenzial zum Weltstar hat, erscheint ein Wechsel vom Meister zu einem vor der Saison als Abstiegskandidat gehandelten Klub als Rückschritt. Doch Tobias Hauke hat eine neue Herausforderung gesucht, anstatt den bequemen Weg zu gehen. "Ich hätte auch zum UHC wechseln und gleich um den Titel spielen können", sagt er, "aber es mit dem HTHC irgendwann nach oben zu schaffen ist eine ungleich größere Aufgabe."

Der Vergleich mit Fußball-Nationalstürmer Lukas Podolski, der vom FC Bayern in die Heimat zum 1. FC Köln zurückkehrte, hinkt aus verschiedenen Gründen. Hauke würde sich nie als Heilsbringer in den Vordergrund spielen. Der Mittelfeldlenker ist eher einer wie Barcelonas Xavi, er setzt seine Mitspieler in Szene, dirigiert unauffällig und doch mit Nachdruck. Dass er den Vizeweltmeistertitel bei der Auflistung seiner Erfolge nicht nennt, "weil ein zweiter Platz für mich kein Erfolg ist", spricht für seinen Ehrgeiz. Doch trotz aller Anforderungen ist er immer gut gelaunt und freundlich geblieben.

Ein wenig, glaubt der HSV-Fan, sei dieser Wesenszug der Tatsache geschuldet, dass er mit drei Schwestern aufgewachsen ist. "Ich war nie so der Macho-Typ", sagt er. Beim Fußball blieb er nur zwei Jahre, der Umgang untereinander sei im Hockey einfach angenehmer. Dennoch ist seine Erfolgsbesessenheit, gepaart mit Selbstkritik und Eigeninitiative, der Motor für sein Wirken.

Dank eiserner Disziplin, für die seine Freundin ihn bewundert, absolviert er das tägliche Trainingspensum, ohne sich über die Entbehrungen Gedanken zu machen, die ein schlecht bezahlter Hockey-Nationalspieler auf sich nimmt. "Für mich ist das Training keine Belastung, sondern eine Bereicherung", sagt er, "und wenn ich sehe, wo ich dank des Sports schon überall war und wie ich mich persönlich weiterentwickeln konnte, dann kann ich meine Karriere nur als Belohnung empfinden."

Für 2011 hat Hauke, der sich in Winterhude eine Wohngemeinschaft mit HTHC-Jugendtrainer Manuel Altenburg teilt, hohe Ziele. Ende Januar möchte er in Duisburg deutscher Hallenmeister werden, Anfang Februar in Polen Hallenweltmeister, im Sommer geht es in Mönchengladbach um die Feld-Europameisterschaft, die er noch nie gewinnen konnte. Den Absprung ins Berufsleben, das unbedingt etwas mit Sport zu tun haben soll, und die Gründung einer Familie sollen zu gegebener Zeit folgen. Es gibt noch einige Weichen zu stellen in seinem Leben.