Der Prozess in Bochum kommt weiter nicht voran. Grund dafür sollen fehlende Protokolle von Aussagen des Hauptverdächtigen sein.

Bochum. Der erste Prozess um den größten Wettskandal im europäischen Fußball kommt nicht voran. Der Angeklagte Tuna A., der zum Führungskreis der Wettmafia gezählt wird und am Donnerstag am vierten Verhandlungstag vor dem Bochumer Landgericht erstmals zu den Anschuldigungen aussagen soll, will schweigen. „Er wird keine Angaben zur Sache machen“, sagte sein Verteidiger Joachim Müller. Der Grund: Die Aussagen des Hauptverdächtigen Marijo C., der seit einigen Wochen vernommen wird, liegen Tuna A. und dessen Anwälten nicht vor. „Bei allen Anklagepunkten gegen unseren Mandanten spielt Marijo C. eine entscheidende Rolle“, sagte Müller: „Er ist nach unserem Wissen seit sechs bis acht Wochen dazu befragt worden. Keine einzige seiner Aussagen ist zur Akte gelangt.“

Müller hatte am dritten Verhandlungstag am 27. Oktober die Staatsanwaltschaft aufgefordert, die entsprechenden Protokolle zur Verfügung zu stellen. Grundsätzlich ist Tuna A., dem wie den drei anderen Angeklagten in Bochum gewerbs- und bandenmäßiger Betrug vorgeworfen wird, geständig. „Er möchte sehr gerne Aussagen machen“, sagte Müller. Ohne die Aussagen von Marijo C. zu kennen, werde dies aber nicht geschehen. Gegen Marijo C. soll zu einem späteren Zeitpunkt Anklage erhoben werden.

Der 55-jährige Tuna A. soll in 22 Fällen Spieler und Schiedsrichter bestochen haben, um Spiele in Deutschland und dem europäischen Ausland zu manipulieren, und dann hohe Summen auf diese Partien gesetzt haben. Besonders spektakulär ist der Fall des ehemaligen belgischen Zweitligisten Union Royale Namur. Tuna A. soll bei der Übernahme von Schulden in Höhe von 700.000 Euro zur Einflussnahme auf die Spieler laut Staatsanwaltschaft eine maßgebliche Rolle gespielt haben.

Angeklagt sind in Bochum zudem Nürretin G. (35), Stevan R. (35) und Kristian S. (32). Der Prozess, der am 6. Oktober begonnen hatte, ist bereits durch mehrere Befangenheitsanträge gegen das Gericht verzögert worden. Die Staatsanwaltschaft wollte zunächst keinen Kommentar abgeben.