Heute starten die deutschen Herren gegen Südkorea. Florian Fuchs vom Uhlenhorster HC gilt als deutscher Spieler mit dem größten Potenzial.

Hamburg. Es gab in den vergangenen Wochen einige Tage, an denen sich Florian Fuchs vor Augen führen musste, was da eigentlich gerade mit ihm passiert. 18 Jahre ist der Hockeystürmer vom Uhlenhorster HC alt, im Juni macht er sein Abitur am Albert-Schweitzer-Gymnasium Ohlsdorf. Ende Januar absolvierte er seine schriftlichen Prüfungen in Englisch, Geografie und Biologie, er hätte jetzt also durchaus die Zeit, mit seinen Schulkameraden die letzten Monate des Schullebens zu genießen.

Doch anstatt in Hamburg rauschende Abi-Partys zu feiern, ist Fuchs seit vergangenem Dienstag in Indien. Dort begann gestern die Feldhockey-WM, und der schlaksige Torjäger, den sie wegen seiner dünnen Beine beim UHC "Bambi" rufen, ist der Spieler im Team des Titelverteidigers, dem die Experten zutrauen, zur größten Überraschung der Titelkämpfe zu werden. Bei der U-21-WM in Malaysia im Juni vergangenen Jahres wurde Fuchs im gewonnenen Finale zum "Spieler des Spiels" gewählt. Im A-Team von Bundestrainer Markus Weise ging sein Stern im Dezember bei der Champions Trophy in Australien auf. Fünf Tore erzielte er dort, obwohl er nebenbei damit beschäftigt war, dank einer Sondergenehmigung seine Abitur-Vorklausuren zu schreiben. Was also kann man in Indien, wo Deutschland heute (14.05 Uhr MEZ) zum Auftakt auf Südkorea trifft, von Fuchs erwarten, der von sich selbst sagt, er habe "den Kopf jetzt frei für Hockey"?

Um diese Frage zu beantworten, blickt der gebürtige Hamburger, der mit seiner Mutter in Wellingsbüttel lebt, zurück auf die Heim-WM vor vier Jahren. "Damals stand ich beim Finaltriumph in Mönchengladbach auf der Tribüne und habe Moritz Fürste zugejubelt. Heute teile ich mir mit ihm ein Zimmer und spiele mit ihm in einer Mannschaft. Ich kann also sagen, dass ich meinen Traum lebe. Größere Motivation kann es gar nicht geben", sagt er. Fuchs hat sich keine Torzahl als Ziel gesteckt, er will sich auch nicht von den großen Erwartungen verrückt machen lassen. "Die Erwartungen an Deutschland sind immer hoch, aber das wird uns nicht einschränken. Ich will einfach Spaß haben und unbekümmert aufspielen, wie es der Bundestrainer von mir gefordert hat", sagt er.

Dass ihm dieses lockere Auftreten nicht immer leichtfällt, gesteht der pfeilschnelle und technisch versierte Angreifer allerdings unumwunden ein. "Ich bin nicht der Typ, der alles locker sieht. Ich mache mir schon Stress, wenn ich nicht gut spiele", sagt er. Umso wichtiger sei es ihm, dass mit Fürste und Philip Witte (beide 25) zwei UHC-Klubkollegen im 18-köpfigen WM-Kader stehen. Als "UHC-Sekte" ist das verschworene Trio bereits verschrien, für Fuchs sind die beiden Routiniers dank ihrer Erfahrung wichtige Bezugspersonen. Weitere Unterstützung erhält er durch seine Großeltern und die getrennt lebenden Eltern, die allesamt in Indien die Spiele gegen Südkorea, Kanada (Mi., 12 Uhr), Argentinien (Fr., 16 Uhr), die Niederlande (So., 16 Uhr) und Neuseeland (9. März, 12 Uhr) verfolgen werden. "Das Hotel ist sogar bis zum 14. März gebucht", sagt Fuchs mit seinem schelmischen Lächeln. Am 13. März ist das Finale angesetzt.

Dieses zu erreichen traut Fuchs dem Team zwar zu, es wäre für ihn jedoch nicht wichtig, um die WM zu einem Erlebnis werden zu lassen. Trotz der Terrordrohungen im Vorfeld und der widrigen Hygieneverhältnisse freut er sich vor allem auf die Atmosphäre im Gastgeberland. "Sich in einem faszinierenden Land wie Indien mit den Besten der Welt zu messen, das ist eine Erfahrung, die mir niemand nehmen kann", sagt er. Was ist dagegen schon eine Abi-Party?