Hotelcricket und Riesenpuzzle sind bei den Hockey-Herren angesagt. Denn die Vorschriften verbieten den Spielern, ihr Hotel zu verlassen.

Neu Delhi. Eine große Gefahr lauert auf die deutschen Herren bei der Hockey-Weltmeisterschaft in Neu Delhi. Es sind jedoch nicht die von der Brigade 313 angedrohten Terroranschläge, jedenfalls nicht direkt. «Wir fühlen uns absolut sicher», betont Markus Weise nach dem 2:2 im Auftaktmatch gegen Südkorea am Montag. Die indische Regierung hat schließlich für die gesamte WM strenge Sicherheitsmaßnahmen beschlossen.

Aber genau diese Regeln sorgen für eine akute Bedrohung des deutschen Teams: Lagerkoller. Denn die Vorschriften verbieten den Spielern, ihr Hotel zu verlassen. Nur als ganze Mannschaft dürfen sie im Bus und mit Polizeieskorte zum Training und zu den Spielen fahren oder eine Stadtrundfahrt machen, die bislang einzige Freizeitaktivität außerhalb ihres Hotels, das zu einer Fünf-Sterne-Festung ausgebaut wurde.

«Schon nach den ersten Tagen ist der Lagerkoller ein Problem. Wir hocken ständig aufeinander, da kommt schon jetzt etwas Langweile auf», berichtet Offensivmann Matthias Witthaus von der Situation im Quartier. Spieler und Betreuer versuchen dem so gut es geht vorzubeugen. Viele haben neben Lernstoff für die Uni dicke Bücher im Gepäck, besonders beliebt sind Thriller, wie «Das verlorene Symbol» von Dan Brown. «Das hat 800 Seiten, das reicht eine Weile», hofft Kapitän Max Müller.

Die mitgebrachten Laptops werden intensiv zum Abspielen von Filmen und für ausgiebige Chats mit Angehörigen und Freunden in der Heimat genutzt. Matthias Witthaus gönnt sich mit seinem Zimmergenossen Benjamin Weß vor jedem Spiel eine Hörbuchfolge der Kultkrimis «Drei ???», «das hat sich schon zu einem Ritual entwickelt».

Opfer weiterer Maßnahmen für eine gelungen Freizeitgestaltung sind die Physiotherapeuten des deutschen Teams. Ihre Suite wurde in einen Massagesalon mit Spielhölle umgewandelt. Hier stehen zwar keine einarmigen Banditen oder Flipperautomaten, dafür aber eine Tischtennisplatte, Spielekonsolen und Tische für Skat- und Pokerrunden. WM-Neuling Martin Häner freut sich besonders auf die Duelle gegen seine Kollegen beim Fußballspiel auf der Playstation: «Da geht es richtig zu Sache».

Dass der Lagerkoller aber auch zu kreativen Erfindungen führen kann, zeigt die Entwicklung während der Champions Trophy, die im vergangenen Dezember im australischen Melbourne stattfand. Dort verfolgte die Mannschaft unzählige Stunden Cricket-Spiele im Fernsehen. «Irgendwann kannten wir die Regeln und waren richtig angefixt von dem Sport», erzählt der Hamburger Moritz Fürste. Das Team kaufte sich daraufhin ein Einsteiger-Set. Jetzt hat sich die Mannschaft ausgerechnet die kleine Wiese vor den riesigen Glasscheiben des noblen Restaurants ihrer Unterkunft als Spielfeld ausgesucht. Noch ist alles heil geblieben.

Aber auch eine fast vergessene Freizeitbeschäftigung mit leicht angestaubtem Charme steht bei den deutschen Herren und ihren Betreuern hoch im Kurs: Es wird gepuzzelt. Trainer Markus Weise mischt dabei kräftig mit. Zur Zeit sitzt er an einem 3000-Teile-Puzzle mit Unterwasser-Motiv: «Das ist ganz schön schwierig, alles ist irgendwie blau». Weise erweist sich dennoch als echter Profi und schimpft über seine Jungens, die das Puzzle auf einer Tischdecke begonnen haben: «Ein Anfängerfehler, das sind doch echte Amateure.»