Als mir bewusst wird, worauf ich mich eingelassen habe, ist es bereits zu spät. Ich stecke bis zum Hals in einem grünen Schlam(m)assel namens Alster und strample wie ein Neugeborenes. Die Wassertemperatur soll 18 Grad betragen, aber es fühlt sich an wie zwölf. Ich japse nach Luft, dabei liegen 500 m zu Wasser, 20 km auf dem Rad und fünf km zu Fuß noch vor mir. Ich muss an den Märzabend auf der Skihütte denken, als mich eine Freundin vom Triathlon-Start überzeugte. Wars die Höhenluft?

Ehe ich zu einer befriedigenden Antwort gelange, hebt sich auch schon die Startleine, und um mich herum fangen 298 Arme und Beine gleichzeitig an, um sich zu schlagen. Schnell erkenne ich meinen zweiten Fehler: Ich hatte mich ganz hinten eingereiht, um mich aus dem Gröbsten herauszuhalten, doch gröber geht es kaum: Es setzt Hiebe, Tritte, Ohrfeigen.

An der Wendeboje habe ich mich etwas freigeschwommen. Ich versuche einen Rhythmus zu finden. Beim Atmen sehe ich zu meinem Nachbarn. Er schwimmt Brust, ich kraule. Er ist schneller. Ich muss an die deutschen Schwimmer in Athen denken. Jetzt nicht verzweifeln!

Nach 13 Minuten und einer Fastkollision mit dem Brückenpfeiler robbe ich aus dem Wasser. Die ersten Schritte zur Wechselzone stakse ich wie auf rohen Eiern. Zwei Trainingseinheiten im Kaifu-Bad als Vorbereitung reichen offenbar nicht.

Ich schwinge mich aufs Rad und starte zur Aufholjagd. Durch den Wallringtunnel geht es Richtung Landungsbrücken. Ich komme kaum dazu, die freien Straßen zu genießen. Wäre es doch immer so - der Senat könnte die Radwege von mir aus vergammeln lassen.

Am Venusberg beginnt sich das tägliche Kurbeln zur Arbeit auszuzahlen. Im armstrongschen Wiegetritt mache ich einige Plätze gut. Mein "Elb-d'Huez" erlebe ich dann an der Palmaille. Beim Aufstieg nach Altona schießt das Laktat in die Beine. Auf der Elbchaussee wird ein Radler vor mir plötzlich langsam. Es ist der Postbote. Nicht alles dreht sich an diesem Sonnabend um Triathlon.

Als ich mein Fahrrad abstelle, habe ich 122 Plätze gutgemacht. Die Laufstrecke erlebe ich dann wie in Trance. Die Sonne brennt, aber die Anfeuerung der Zuschauer in der City sorgt für einen wohlig kalten Schauer. Nach 1:25:26,9 Stunden bekomme ich im Ziel als 109. eine Goldmedaille umgehängt. Unsere Schwimmer werden neidisch sein.