Gemeinde kündigte dem bereits verurteilten Mann fristlos. Ahrensburger Missbrauchs-Initiative kritisiert, dass der Fall verschwiegen wurde.

Lütjensee. Die Initiative "Missbrauch in Ahrensburg" wirft der Nordelbischen Kirche vor, die Öffentlichkeit nicht über Kinderporno-Vorwürfe gegen einen Kirchenmusiker in Lütjensee informiert zu haben. Dem Mann wurde im März 2009 in der Probezeit gekündigt, nachdem intern ein entsprechendes Gerichtsurteil bekannt geworden war. Pröpstin Margit Baumgarten habe den Fall vertuscht, sagt Henning Offen, der Vorsitzende des Vereins. Der Vorstand erwägt deshalb eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Baumgarten.

"Es ist alles gemacht worden, was man machen konnte", sagt dagegen Thomas Kärst, stellvertretender Sprecher der Nordelbischen Kirche. Die Pröpstin habe korrekt gehandelt. Die Vorwürfe gegen den Kirchenmusiker, die sich auf dessen Zeit vor der Einstellung in Lütjensee bezogen, seien nicht öffentlich gemacht worden, um Persönlichkeitsrechte zu wahren. Der allein stehende Mann hatte zum 1. Juli 2008 bei der Kirchengemeinde seine Stelle angetreten, nach einem halben Jahr wurde die Probezeit um drei Monate verlängert. "Das hatte rein fachliche Gründe, die Absprachen mit Chören und Pfarramt klappten noch nicht so recht", sagt Kärst.

Mitte März 2009 habe ein Pastor einer Düsseldorfer Kirchengemeinde, in der der Musiker zuvor gearbeitet hatte, bei der Lütjenseer Pastorin Britta Sandler angerufen. Er habe gesagt, dass der heute 56-Jährige wegen Kinderpornos aufgefallen sei. Tatsächlich wurde der Kirchenmusiker laut Staatsanwaltschaft Düsseldorf im April 2008 wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, ausgesetzt auf Bewährung. Dies habe der Mann im Einstellungsgespräch in Lütjensee offenbar verschwiegen, so Kärst. Damals sei auch noch kein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis erforderlich gewesen.

"Es gab nach meiner Kenntnis aber keine Verdachtsfälle in Lütjensee", sagt Kärst. Das bestätigt die Ahrensburger Kriminalpolizei, die nach dem Anruf aus Düsseldorf von der Kirchengemeinde eingeschaltet wurde. "Es gab keine konkreten Anhaltspunkte", sagt Polizeisprecherin Sonja Kurz. "Die Pastorin hat aber sofort reagiert, weil der Kirchenmusiker auch mit Kindern gearbeitet hat." In der Kirchengemeinde war er nicht nur im Gottesdienst tätig, sondern leitete auch Chöre und war musikpädagogisch im Kindergarten tätig. In einem Gespräch mit Pastorin Sandler am 24. März 2009 habe der Musiker die Ermittlungen gegen ihn zugegeben. "Ihm wurde sofort der Schlüssel abgenommen, und er bekam Hausverbot", sagt Kärst. Auch Pröpstin Baumgarten sei informiert worden. Einen Tag später habe der Kirchenvorstand die fristlose Kündigung beschlossen. "Das war eine reine Vorsichtsmaßnahme", sagt Kärst. Bei einem solchen Verdacht habe die Gefahrenabwehr oberste Priorität. Dann kämen die Ermittlungen in Zusammenarbeit mit der Polizei. Erst dann stehe die Entscheidung an, ob die Öffentlichkeit informiert werden sollte. In diesem Fall entschied sich der Kirchenvorstand dagegen.

"Frau Sandler hat uns in einer Sondersitzung informiert", sagt der zweite Kirchenvorstandsvorsitzende Jürgen Lünzmann. In einer langen Diskussion hätten die elf Mitglieder beschlossen, die Gründe für die Kündigung nicht öffentlich zu machen, um "niemanden an die Wand zu stellen", wie Lünzmann sagt. "Das war keine leichte Entscheidung. Und wäre es um einen aktiven Übergriff gegangen, hätten wir anders reagiert." So wurde die sofortige Kündigung beschlossen und die Polizei informiert. "Wir haben auch die Kindergartenleitung angesprochen", sagt Lünzmann, "aber uns sind in keinster Weise Verdachtsfälle bekannt geworden." Das Vorgehen sei auch aus heutiger Sicht korrekt, sagt Thomas Kärst: "In Lütjensee ist beispielhaft gehandelt worden."

Sowohl Pastorin Sandler als auch Pröpstin Baumgarten waren für Stellungnahmen nicht zu erreichen. Beide sind im Sommerurlaub.

Der Kirchenmusiker, der für die Stelle nach Lütjensee gezogen war, hat den Ort nach seiner Kündigung verlassen. Ob er in einer anderen Kirchengemeinde tätig ist, ist nicht bekannt.