Die Sommer werden immer trockener. Aber wie passt dieser Trend zu den jüngsten Rekord-Niederschlägen? Ein Klima-Experte erklärt die Zusammenhänge.

Alle fünf Jahre wieder, so scheint es, setzen sommerliche Rekord-Niederschläge Landstriche unter Wasser, lassen Flüsse über die Ufer treten: 1997 litten die Anrainer der Oder, 2002 kam die "Elbeflut", und seit der vergangenen Woche kämpft die Schweiz mit Hochwasserschäden. Die Fünf-Jahres-Reihung sei nur zufällig, sagt Dr. Stefan Hagemann, Hochwasserexperte am Hamburger Max-Planck-Institut (MPI) für Meteorologie. Und generell sei durch den Klimawandel eher mit trockeneren Sommern zu rechnen. Dennoch passten die Ereignisse zu den prognostizierten Klimatrends, so Hagemann.

Der Hydrologe betont zugleich: "In den vergangenen zehn Jahren kam es zwar häufiger zu Hochwassern. Aber wir können dies nicht dem Klimawandel zurechnen. Dafür fehlen langfristige Daten." Das Klima sei sehr variabel, so Hagemann, nach einer nasseren Dekade könne wieder eine trockenere folgen.

Aber es gibt Übereinstimmungen mit Projektionen der Modelle, die für die Zukunft mit mehr Starkregen rechnen. Solche sintflutartigen Niederschläge waren jeweils die Ursache für die Überflutungen anno 1997, 2002 und 2007. Verstärkt wurden sie durch versiegelte Landschaften und kanalisierte Flüsse, die Wasser nur ableiten, aber nicht zurückhalten können.

Auch das Wetter vor dem Unwetter spielt eine Rolle. Auf staubtrockenen harten Böden fließt das Wasser wie über Beton ab, statt zu versickern. Ist in den vorangegangenen Tagen oder Wochen dagegen viel Niederschlag gefallen, dann ist die Aufnahmekapazität der Böden bereits erschöpft, wenn es richtig dicke kommt.

Letzteres gilt für die Schweiz. Das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie Meteoschweiz registrierte bereits Ende Juli eine "ungewöhnlich hohe Dynamik des Wettergeschehens auf der Alpennordseite". Sommerliche Starkgewitter seien zwar generell keine Seltenheit, aber in diesem Jahr sei immer wieder warmfeuchte Luft aus Südwesten in den Alpenraum gezogen - zusammen mit der tageszeitlichen Erwärmung entstanden optimale Bedingungen für Starkgewitter, so Meteomedia.

In absehbarer Zukunft werde sich das Hochwasserrisiko verzehnfachen, warnt Michael Müller (SPD), Staatssekretär des Bundesumweltministeriums. Diese Aussage hält Hagemann für gewagt: "Sie mag auf einzelne Regionen zutreffen. Aber es ist nicht sinnvoll, solche Zahlen zu nennen, denn so genau können wir das gar nicht sagen" - die Frage, wann wo welcher Niederschlag fallen wird, sei durch die Rechenmodelle nur ansatzweise zu beantworten. Hagemann: "Wir müssen das Verhalten der Großwetterlagen mit statistischen Methoden noch besser erfassen."

Hagemann gehört zur MPI-Arbeitsgruppe, die im Vorjahr das regionale Klimamodell REMO vorgestellt hatte. Damals warnten die Forscher vor allem vor extrem heißen Sommern, verbunden mit Niedrigwasser in Rhein, Donau und Elbe, das die Schifffahrt gefährdet. Aber auch vor Starkregen warnte das Arbeitspapier, das das MPI zusammen mit dem Umweltbundesamt herausgegeben hat: "Allein in den vergangenen zehn Jahren beliefen sich die Schäden durch große Hochwasser von Isar, Lech, Iller und Inn (1999 und 2005), an Elbe und Mulde (2002), an der Oder (1997) sowie an Rhein, Mosel, Saar und Maas (1993 und 1995) auf rund 13 Milliarden Euro."

Angesichts der Entwicklungen fordert Hartmut Vogtmann, Präsident des Bundesamts für Naturschutz, jetzt ein "nationales Auenprogramm". Den Flüssen müsse endlich mehr Raum gegeben werden, statt überall vermehrt Deiche zu erhöhen.