Vegetarische Ernährung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Doch auch ein fleischloses Leben hat seine Tücken.

Sogar McDonalds bietet mittlerweile einen "Veggieburger" an. In den Großstädten gibt es immer mehr vegetarische Restaurants, in Hamburg zählen dazu etwa das "Hin und Veg" oder das "Tassajara". Und auch die Sterne-Gastronomie öffnet sich vegetarischer Kost: So offeriert das Berliner Gourmetrestaurant "Margaux" seinen Gästen neben Fleischspeisen ein täglich wechselndes Sechs-Gänge-Menü, das nur aus Gemüse zubereitet wird.

Es sind Zeichen eines Trends, es deutet einiges darauf hin, dass eine pflanzliche Ernährung hierzulande an Bedeutung gewinnt. Dennoch bilden Vegetarier noch eine relativ kleine Gruppe: 1,6 Prozent beträgt ihr Anteil an der Bevölkerung nach Angaben der zweiten Nationalen Verzehrstudie; dagegen schätzt der Vegetarierbund Deutschland, dass immerhin acht Prozent der Deutschen vegetarisch essen.

Was spricht für diese Form der Ernährung? Viele Vegetarier finden es moralisch nicht vertretbar, dass Tiere in der Massenzucht gequält und getötet werden. Und sie verweisen mit Recht darauf, dass die Fleischproduktion erheblich größere Mengen an Treibhausgasen wie Methan und Kohlendioxid (CO2) verursacht als der Anbau pflanzlicher Lebensmittel.

Außerdem, betonen Vegetarier, sei pflanzliche Kost gesünder als Mischkost. Aber stimmt das? Es komme auf die Auswahl der Lebensmittel an, sagt Ernährungswissenschaftler Dr. Markus Keller vom Institut für Alternative und nachhaltige Ernährung in Gießen. "Vegetarisches Fast Food und Fertigprodukte aus der Tiefkühltruhe wie Pizza enthalten meist viele Kalorien, aber wenig Nährstoffe. Bei frischen pflanzlichen Produkten ist es genau umgekehrt, deshalb sollte man sie bevorzugen." Eine solche Ernährung biete eine bessere Versorgung mit den Nährstoffen Folsäure, Biotin, Vitamin C, E, Beta-Carotin (Provitamin A) und Magnesium als Mischkost. Und Ballaststoffe kommen ohnehin hauptsächlich in pflanzlichen Lebensmitteln vor.

Keller hat mit dem inzwischen emeritierten Forscher Prof. Claus Leitzmann eine Ernährungspyramide für Vegetarier entwickelt. An deren Fuß stehen Gemüse, Obst, Getreide und Kartoffeln; diese Produkte sollte man häufiger verzehren, raten die Experten. Die Spitze der Pyramide bilden weniger wertvolle Lebensmittel wie Milchprodukte, Eier, Süßigkeiten und Snacks, die man sparsam verwenden oder - je nach Überzeugung - auch weglassen könne.

Doch wer auf tierische Produkte ganz verzichte, gehe ohne ausgleichende Maßnahmen ein Risiko ein, sagt Privatdozentin Dr. Diana Rubin, Ernährungsmedizinerin vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Es drohe ein Mangel an Vitamin B12. Das Vitamin, unentbehrlich für die Blutbildung und das Nervensystem, ist in tierischen Lebensmitteln reichlich enthalten, in pflanzlicher Kost jedoch nur spurenweise, etwa in Sauerkraut und fermentierten Sojaprodukten. "Deshalb müssen Vegetarier, die auf Milch, Käse und Eier verzichten, Vitamin B12 über Nahrungsergänzungsmittel zuführen, weil es sonst zu Blutarmut und Nervenstörungen kommen kann", sagt Rubin.

Frauen, insbesondere Schwangere, sollten zudem auf eine ausreichende Versorgung mit Eisen achten, denn das Spurenelement ist ebenfalls für die Blutbildung unentbehrlich. Gute pflanzliche Quellen sind Vollkornprodukte (Brot, Nudeln), Hülsenfrüchte (Erbsen, Bohnen, Linsen) und Nüsse. Allerdings sei es wichtig, dazu keinen schwarzen oder grünen Tee zu trinken, weil die darin enthaltene Oxalsäure die Aufnahme von Eisen hemme, sagt Diana Rubin. Wer gleichzeitig Vitamin C zu sich nehme, etwa in Form eines Fruchtsaftes, erleichtere dem Körper dagegen die Eisenaufnahme.

Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Nüsse haben noch einen weiteren Vorteil: Sie enthalten viel Eiweiß. Deshalb sind sie besonders wichtig für Sportler, die einen erhöhten Eiweißbedarf haben, aber keine Milchprodukte oder Eier verzehren wollen.

Studien zeigten, dass Vegetarier im Durchschnitt schlanker seien; zudem deute vieles darauf hin, dass sie ein geringeres Risiko hätten, an Diabetes und Darmkrebs zu erkranken, sagt Markus Keller. Auch Diana Rubin ist der Ansicht, dass eine vegetarische Ernährung die Gesundheit positiv beeinflussen kann. Aber: "Menschen mit moderatem Fleischverzehr und hohem Gemüse- und Obstkonsum leben genauso gesund, wenn sie sich regelmäßig bewegen und auf Zigaretten und Alkohol verzichten, wie es viele Vegetarier tun."