Waren seine Aktionen mutig, engagiert oder einfach selbstverständlich? Für Tobias Fernau (17), ehemaliger Schüler und Schulsprecher der integrierten Haupt- und Gesamtschule Hegholt, sind solche Fragen zweitrangig. Als er seine Kampagne gegen Rechts organisierte, tat er das, weil er “den Nazis nicht die Straße überlassen wollte“.

Die Ganztagsschule Hegholt liegt im Stadtteil Bramfeld, einem sozialen Brennpunkt. Rechtsradikale Parteien verbuchten dort bei Wahlen einen regen Zulauf. Vor zwei Jahren häuften sich die Überfälle von Rechtsextremisten auf Ausländer. Tobias Fernau, damals Schulsprecher, wollte nicht tatenlos zusehen und organisierte an seiner Schule eine Podiumsdiskussion unter dem Motto "Hegholt gegen rechts".

Mehr als 200 Schülerinnen und Schüler, vorwiegend aus den 8. und 9. Klassen, beteiligten sich an der Veranstaltung am 30. November 2000.

Zur Podiumsdiskussion hatte Tobias Fernau junge Bürgerschaftsabgeordnete der SPD und der CDU eingeladen sowie mit Marc Suhr den prominenten Spielführer der Basketballmannschaft BLJ Tigers Hamburg. "Mit ihm identifizieren sich viele Jugendliche", sagt Tobias.

Die Podiumsdiskussion kam gut an. "Viele Schülerinnen und Schüler sind ans Mikrofon gegangen, auch ausländische haben sich getraut", erinnert sich Lehrer Wolfgang Miehle. Unterschiedliche Sichtweisen und Wahrnehmungen wurden diskutiert.

'Zum ersten Mal fand eine solche politische Veranstaltung in der Schule statt', sagt Tobias' Klassenlehrerin Ilara-Marie Böning. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Wolfgang Miehle hatte sie das Engagement ihres Schülers unterstützt. Beide Lehrkräfte waren erstaunt Um sich vorzubereiten, interviewte Tobias den damaligen Innensenator Hartmuth Wrocklage zum Thema Rechtsextremismus und sprach mit dem früheren Bürgermeister Henning Voscherau über die Gefährlichkeit rechtsradikaler Phrasen und rechtsextremistischer Parteien. Den damaligen Bürgermeister Ortwin Runde bat Tobias Fernau, die Schirmherrschaft zu übernehmen. Und Bürgerschaftspräsidentin Dorothee Stapelfeldt gewann er als Rednerin für seine Demonstration unter dem Motto "Schüler für mehr Toleranz". "Die Schüler sollten sehen, dass auch die da oben mit dabei sind", erklärt Tobias Fernau.

"Es war gut, dass ein Schüler die Initiative für die Demo ergriff, ein Lehrer hätte gar nicht so viel erreichen können", sagt Clara-Marie Böning. Mehr als 450 Schülerinnen und Schüler demonstrierten gegen Krieg, Gewalt und Rassenhass, die Eltern reagierten wie die Schülerinnen und Schüler positiv auf die Aktion.

Für Tobias Fernau waren die Kampagnen nicht heldenhaft, sondern eher selbstverständlich. Sein Ziel: "Ich wollte meinen Mitschülerinnen und Mitschülern zeigen, dass das rechte Gedankengut falsch ist, dass man den Mut haben sollte, Stellung zu beziehen und sich von fremdenfeindlichen Parolen nicht einnehmen zu lassen."