Das Kunsthaus zeigt eine eindringliche Fotoausstellung über das Ende des Lebens.

Selten hat der Abstand zwischen zwei Bildern derartige Bedeutung gehabt wie bei der Ausstellung im Kunsthaus. "noch mal leben. Eine Fotoausstellung über das Sterben" heißt die Schau und versammelt 25 Doppelporträts von unheilbar kranken Menschen. Das eine aufgenommen wenige Wochen vor dem Tod, das andere wenige Stunden danach. Die 18 Zentimeter zwischen den beiden Fotografien kennzeichnen den Übergang, jene Leerstelle in der Vorstellungskraft.

Dem Hamburger Fotografen Walter Schels und der Autorin Beate Lakotta ist es jedoch gelungen, mit ihrer Arbeit die Vorstellung vom Sterben zu präzisieren, auch zu entmystifizieren. Auf eine ruhige, unspektakuläre Art nehmen sie dem Tod die Anonymität und stellen ihn mitten ins Leben. Es ist eine sehr ergreifende Schau, und doch auch eine schöne. Denn einmal mehr ist es dem profilierten Porträtfotografen gelungen, mit großformatigen Nahaufnahmen das innere Wesen eines Menschen einzufangen. Keine Panik, kein Schrecken spricht aus diesen Bildern, aber eine hohe Intensität. Sie zeigen meist erstaunlich ausgeglichen wirkende Gesichter mit einem tiefen, dunklen Blick. Und ihre Entsprechung im Tod. Geglättet, verjüngt, erlöst.

Mehr als ein Jahr verbrachte das Paar für diese Arbeit in Hospizen. Hospize sind Lebensorte für Sterbende. Und Beate Lakotta weiß von Menschen zu berichten, die hier, weitgehend befreit von Schmerzen und jeglichem Druck, noch einmal aufblühten. Wie die 80-jährige Frau, die Jahrzehnte in einer tyrannischen Ehe verbrachte und im Hospiz nun auf viele Kissen gebettet Sekt aus der Schnabeltasse trinkt und glücklich ihre Kinder empfängt.

Der Fotograf (72) und die "Spiegel"-Redakteurin (43) haben für ihr gemeinsames Projekt "noch mal leben" zahlreiche Auszeichnungen erhalten. So den Hans-Mieth-Preis für engagierte Reportagen, den zweiten Preis beim World Press Photo. Und "Gold" vom Art Directors Club. Die Ausstellung reiste von Dresden nach Berlin und London und erhielt überall sehr viel Aufmerksamkeit.

All das war nicht geplant. "Wir hatten keine Mission. Noch nicht einmal die Absicht, unsere Arbeit zu veröffentlichen", sagt Schels. Das Interesse war eher privater Natur. Umso glaubhafter ist den beiden die Annäherung an dieses angstbesetzte und tabuisierte Thema gelungen.


Kunsthaus Hamburg , Klosterwall 15.4. bis 10.8., Di-So 11-18 Uhr.