Wussten Sie eigentlich, wie stark die Museen inzwischen wieder im Trend liegen? Bei all den aktuellen Problemen um zu geringe Finanzausstattung, um alte und neue Schulden und nicht vorhandene Ankaufsetats, um marode Depots oder fehlende Wissenschaftlerstellen geraten positive Nachrichten mitunter in den Hintergrund.

Dabei haben die insgesamt etwa 6500 Museen, die es in Deutschland gibt, einen ebenso unerwarteten wie erstaunlichen Imagewandel erreicht. Es ist noch gar nicht so lange her, da galten sie noch als staubige Vitrinen-Lager, als langweilige Belehrungs-Anstalten und als brüchige Tempel einer dem Untergang geweihten Welt alternder Bildungsbürger. Allen negativen Prognosen zum Trotz haben sie jedoch in den letzten zwei Jahrzehnten eine erstaunliche Renaissance erlebt und sich ein neues und jüngeres Publikum erobert. Mit 120 Millionen Besuchern pro Jahr - diese Zahl hat der Deutsche Museumsbund im Mai veröffentlicht - erfreuen sich die deutschen Museen einer bislang beispiellosen Akzeptanz. Man mag es kaum glauben, aber die Statistik weist aus, dass die Museen sogar deutlich mehr Besucher haben als die Fußball-Bundesliga in ihren Stadien.

Woran mag das liegen? Sind wird etwa gerade dabei, eine Wiedergeburt des Bildungsbürgertums zu erleben? Sind die Menschen der oft geistlosen Angebote der Freizeitindustrie überdrüssig geworden und suchen nun wieder verstärkt nach sinnstiftenden Inhalten in den Museen, deren Funktion als kulturelles Gedächtnis unserer Gesellschaft gerade wiederentdeckt wird?

Die Wahrheit sieht wohl etwas anders aus: Tatsache ist nämlich, dass sich die Museen mit der Gesellschaft gewandelt und dass sie in der Gesellschaft einen neue Position besetzt haben. Sie werden nicht mehr nur als Kultur-, sondern zugleich auch als Freizeitangebot wahrgenommen und genutzt. Das ist zunächst einmal eine enorme Chance, denn Museumsbesuche gelten für eine immer größere Zahl von Menschen als lohnend. Allerdings erwarten diese keine trockenen kulturellen Belehrungen, sondern interessante Erlebnisse. Dabei stehen Museen in der Konkurrenz zu anderen Freizeitangeboten.

Ob man das beklagt oder begrüßt, ist einerlei, Tatsache bleibt, dass sich die Museen darauf einstellen, dass sie den Sehgewohnheiten, den Unterhaltungs- und Erlebnisbedürfnissen im modernen Medienzeitalter Rechnung tragen müssen. Das heißt aber keineswegs, dass sie künftig nur noch Publikumserwartungen befriedigen brauchen, denn sie haben nach wie vor einen Bildungsauftrag. Daher müssen sie sich von reinen Unterhaltungsangeboten unterscheiden.

Und genau da liegt ihre Chance: Denn anders als Freizeitparks und Entertainment-Center haben die Museen etwas im Angebot, was die Menschen wirklich betrifft, was sie ergreifen kann und was ihnen Erlebnisse ermöglicht, die über den Tag hinaus reichen. Museen können Menschen dazu anregen, sich in ihrer Freizeit mit historischen, mit künstlerischen, ästhetischen oder ethischen Fragen auseinanderzusetzen - mit Fragen also, die nicht banal sind, sondern wesentlich, die sogar existenziell sein können. Das ist eine enorme Aufgabe, die auch die Hamburger Museen künftig vor große Herausforderungen stellen wird. Um sie zu erfüllen, werden noch manche Veränderungen erforderlich sein. Dass aber schon einiges geschehen ist, dass Hamburgs Museen schon heute viele anregende Ausstellungen zu spannenden Themen zu bieten haben, die gewiss ein großes und interessiertes Publikum finden werden, davon können Sie sich auf den folgenden Seiten selbst überzeugen.

Ihr Matthias Gretzschel