Barbara Hendricks verspricht Geld aus Bundeshaushalt gegen Verwahrlosung von Wohnquartieren. 20.000 bis 25.000 Männer seien in Deutschland “auf dem Arbeiterstrich unterwegs“, beklagte die Bauministerin.

Berlin. Bundesbauministerin Barbara Hendricks will gegen die Verwahrlosung von Wohnquartieren vorgehen. Besondere Probleme hätten in Deutschland zwölf bis 15 Städte, sagte die SPD-Politikerin dem Abendblatt. Dazu zählten zum Beispiel Duisburg, Dortmund, Offenbach, Mannheim, aber auch der Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg.

Ein Teil des Förderprogramms „Soziale Stadt“, das in den nächsten Jahren mit bis zu 150 Millionen Euro ausgestattet werde, solle Städten mit besonderen Problemlagen zugutekommen, sagte Hendricks. „Wir haben in unserem Programm zur Städtebauförderung mehr Finanzmittel zur Verfügung als bisher und können damit eine Menge bewegen. Es geht darum, Quartiere vor dem Abrutschen zu bewahren. Und wenn eine Siedlung schon abgeglitten ist, muss man den Mut haben, das zu beheben.“

Probleme entstünden vor allem, wenn „viele schlecht integrierte Menschen in unzureichendem Wohnraum zusammen sind“, sagte Hendricks. „Bei manchen dieser Schrottimmobilien hilft nur die Devise: aufkaufen, leer ziehen und abreißen.“ Für die Bewohner müssten neue Wohnungen in anderen Stadtteilen gefunden werden. Wie viel Geld dafür eingesetzt werden solle, stehe noch nicht fest. Zunächst müssten die Länder und Kommunen konkrete Maßnahmen definieren, denn die Hilfen des Bundes könnten nicht flächendeckend sein.

20.000 bis 25.000 Männer seien in Deutschland „auf dem Arbeiterstrich unterwegs“, beklagte die Bauministerin. Sie stünden an Ausfallstraßen und nähmen „für zwei Euro die Stunde irgendwelche Jobs an“. Diese Männer würden mehrfach ausgenutzt. „Zu überhöhten Preisen werden ihnen nicht einmal Zimmer vermietet, sondern Betten.“ Die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die seit dem 1. Januar für bulgarische und rumänische EU-Bürger gelte, habe damit allerdings nichts zu tun. Sie habe die Lage nicht verschärft, sagte die Ministerin.

CDU und Grüne warnten die schwarz-rote Bundesregierung vor falschen Weichenstellungen. Der Aufkauf von Immobilien dürfe nicht zu Spekulationsgeschäften führen, sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet. Notwendig seien Gesetze, die verhinderten, dass Eigentümer „mit 30 Menschen in einer Wohnung“ Geschäfte machten. Auch der „Arbeiterstrich“ lasse sich nur durch konsequente ordnungsrechtliche Maßnahmen bekämpfen.

Ähnlich äußerte sich der Grünen-Chef Cem Özdemir. Statt Mietwucherern „Schrottimmobilien teuer abzukaufen, sollte der Gesetzgeber lieber dafür sorgen, dass Ausbeutung und Spekulation mit solchen Gebäuden auf dem Rücken der Ärmsten gar nicht erst möglich sind“, sagte er dieser Zeitung.

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, warnte ebenfalls davor, „diese Schrottimmobilien, in denen jetzt etwa Flüchtlinge untergebracht sind, zum doppelten oder dreifachen Preis des tatsächlichen Wertes“ mit Steuermitteln aufzukaufen. Spekulationen müssten verhindert werden. Landsberg plädierte dafür, die Instrumente des Baugesetzbuchs stärker anzuwenden und zum Abriss von „Schrottgebäuden“ aufzufordern. Bisher hätten Eigentümer und Investoren oftmals die wirtschaftliche Unzumutbarkeit eines Abrisses in den Vordergrund gestellt. Landsberg: „Künftig muss hier stärker die Gemeinwohlverpflichtung gelten.“