Für den umstrittenen Kirchenmann Franz-Peter Tebartz-van Elst stehen in Rom Tage der Entscheidung an. Papst Franziskus will er in der Diskussion um den überteuerten Limburger Amtssitz Rede und Antwort stehen.

Limburg/Rom. Die Kritik am Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wird immer lauter. Nach weiteren Enthüllungen über die explodierten Baukosten für seine Residenz wenden sich ranghohe Würdenträger der katholischen Kirche von dem 53-Jährigen ab. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich über ihren Sprecher besorgt. In Rom will Tebartz-van Elst wie auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, mit Papst Franziskus sprechen. Wann genau die Gespräche stattfinden, war zunächst unklar.

Kanzlerin Merkel wertete die Affäre als sehr belastend für Katholiken. Im Bistum sei für jeden erkennbar eine sehr schwierige Situation entstanden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Zollitsch hatte sich zuvor noch einmal von Tebartz-van Elst distanziert. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann sagte, sein Amtsbruder könne angesichts der eskalierten Situation nicht mehr in Limburg als Seelsorger arbeiten. Dazu fehle ihm die nötige Akzeptanz.

Tebartz-van Elst wird Verschwendung beim Bau der neuen Bischofsresidenz in Limburg vorgeworfen. Ursprünglich sollte der Neubau 2,5 Millionen Euro kosten, inzwischen sind es mindestens 31 Millionen Euro. Architekt Michael Frielinghaus sagte der dpa, seit der Kostenberechnung im Mai 2011 sei auch klar gewesen, dass der Neubau deutlich teurer werde. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ dokumentierte im Internet das Statut des Bischöflichen Stuhls. Darin wird etwa die Vorlage eines Haushaltsplans gefordert, der laut Vermögensverwaltungsrat für 2012 und 2013 nicht vorlag.

Das Bistum Speyer kündigte an, die Finanzen des Bischöflichen Stuhls offenzulegen. In den vergangenen Tagen hätten sich viele Gläubige mit Sorge an ihn gewandt, teilte Bischof Karl-Heinz Wiesemann mit. Gegen Tebartz-van Elst hat die Hamburger Staatsanwaltschaft zudem einen Strafbefehl wegen falscher Versicherung an Eides statt beantragt - dabei geht es um eine Flugreise des Bischofs nach Indien in der ersten Klasse. Der Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht einen Riesen-Imageschaden für die katholische Kirche. „Er reicht mit Sicherheit an die Qualität der Missbrauchsdebatte heran“, sagte Schüller „Focus Online“.

Abendblatt.de hält Sie mit einem Newsticker über die Affäre Tebartz-van Elst und ihre Auswirkungen auf dem Laufenden:

+++ Zollitsch trifft am Donnerstag den Papst +++

13.56 Uhr: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, kommt am Donnerstag mit Papst Franziskus zusammen. Das bestätigte sein Sprecher Matthias Kopp in Rom. Zollitsch hatte angekündigt, mit dem Heiligen Vater den Skandal von Limburg erörtern zu wollen.

+++ Erzbistum Hamburg beziffert Vermögen +++

13.44 Uhr: Angesichts der Debatte hat auch das katholische Erzbistum Hamburg seine Finanzen offengelegt. Das Bistum verfüge über ein Vermögen von rund 35 Millionen Euro, sagte Kirchensprecher Manfred Nielen. Dem stünden Verbindlichkeiten in Gestalt von Kreditaufnahmen in Höhe von etwa 8,2 Millionen Euro gegenüber.

Nielen ergänzte, von den 35 Millionen Euro seien etwa 7,5 Millionen ungebunden. Der Rest liege in Beteiligungen an drei katholischen Krankenhäusern sowie in Rücklagen für insgesamt fünf weitere Einrichtungen. Dazu gehörten zwei Kinder- und Jugendhäuser, ein Studentenheim sowie zwei Altenhilfeeinrichtungen.

Das erst 1995 gegründete Erzbistum Hamburg umfasst die Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg sowie den Landesteil Mecklenburg. In dem Bistum leben knapp 400.000 Katholiken. Die Kirchensteuereinnahmen werden im Geschäftsbericht für 2012 auf 89,8 Millionen Euro beziffert.

+++ Papst lässt Tebartz-van Elst weiter zappeln +++

13.32 Uhr: Papst Franziskus hat auch heute bislang keinen deutschen Besuch empfangen, um den Fall Tebartz-van Elst zu erörtern. Das Bulletin des Vatikans vermerkte keine Audienz des Papstes, also auch kein Gespräch mit Tebartz-van Elst oder dem Vorsitzenden der deutschen Bischöfe, Robert Zollitsch. Die mittägliche Mitteilung des Heiligen Stuhls führt einen Amtsverzicht und Ernennungen in anderen Ländern auf.

Auch aus dem Bistum Limburg waren keine näheren Einzelheiten zu erfahren. „Der Bischof führt Gespräche“, sagte der Sprecher des Bistums Limburg, Martin Wind. Angaben zu den Gesprächspartnern konnte er nicht machen.

Zollitsch und Tebartz-van Elst sind beide in Rom. Zollitsch will den Skandal von Limburg in dieser Woche mit dem Papst erörtern. Das dürfte bis zum Donnerstag der Fall sein. Auch der 53-jährige Bischof möchte mit dem Papst über seine Zukunft reden. Offen ist, ob Tebartz-van Elst eine Audienz beim Papst erhält.

+++ Kretschmann fordert Tebartz‘ Rücktritt +++

11.37 Uhr: Jetzt fordert auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Tebartz-van Elst zum Rückzug auf. „Ich wünsche mir, dass der Bischof zurücktritt“, sagte Kretschmann, der auch Mitglied des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken ist, in Stuttgart.

+++ Katholische Jugend wendet sich ab +++

10.33 Uhr: Die Katholische Jugend hat die Zusammenarbeit mit Tebartz-van Elst aufgekündigt. Aus Sicht der Mitglieder der katholischen Jugend in Limburg sei eine Katastrophe eingetreten, sagte der Vorsitzender des Bundes der Deutschen katholischen Jugend (BDKJ), Dirk Tänzler, dem rbb-Hörfunksender radioeins. „Und sie sagen ganz deutlich: Wir können uns nicht vorstellen, mit dem Bischof weiter zusammenzuarbeiten.“

Zur Zukunft des Bischofs sagte Tänzler: „Ich hoffe, dass er in der Tat für sich Konsequenzen zieht (...).“ Kritiker werfen Tebartz-van Elst Verschwendung beim Bau der neuen Bischofsresidenz vor. Die Kosten haben sich von ursprünglich 2,5 Millionen auf zuletzt mindestens 31 Millionen Euro erhöht.

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller warf den Kontrollorganen im Bistum Limburg vor, versagt zu haben. „Man staunt wirklich, dass ein solches Palais entsteht und keiner merkt, was hier an Summen verbaut wird“, sagte Schüller im Bayerischen Rundfunk. Unter den Vorgängerbischöfen sei im Bistum Limburg immer eine seriöse und konservative Finanzpolitik betrieben worden, sagte Schüller, der Referent des früheren Limburger Bischofs Franz Kamphaus war. Dieses seriöse Image sei jetzt „mit einem Schlag komplett zerstört“ worden.

+++ „Der Standard“: Das Staunen sollte ein Ende haben +++

9.27 Uhr: Auch im Ausland wird die Affäre um den Limburger Bischofssitz inzwischen genau beobachtet. Der Wiener „Standard“ kommentiert das Verhalten des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst am Dienstag: „Kein Zweifel: Tebartz-van Elst hat der katholischen Kirche schweren Schaden zugefügt. Doch nun, da er ohnehin am Boden liegt, sollte das Staunen und Ärgern über all den Protz und Prunk im Bischofshof ein Ende haben, quasi den Blick hinter die Badewanne freigeben. Denn es geht noch um mehr. Zwar ist der Luxusbischof zur negativen Symbolfigur geworden, aber es hat Strukturen gegeben, die all den Wahnsinn ermöglicht haben. Die Kontrolle im Bistum Limburg hat völlig versagt.“

+++ Pensionsanspruch bei Rücktrittsgesuch +++

7.59 Uhr: Um den immer lauter werdenden Rücktrittsforderungen nachzukommen, müsste Tebartz-van Elst Papst Franziskus um die Entbindung von seinem Amt bitten. Einfach zurücktreten kann ein Bischof nicht – dem muss der Papst zustimmen.

Das Kanonische Recht sieht vor, dass ein Bischof normalerweise im Alter von 75 Jahren um den Amtsverzicht bitten muss. Wenn er „wegen seiner angegriffenen Gesundheit“ oder aus einem anderen „schwerwiegenden Grund“ seine Amtsgeschäfte nicht mehr wahrnehmen kann, soll er ein solches Gesuch früher einreichen.

In einem schwerwiegenden Grund kann der Bischof aber auch gegen seinen Willen versetzt werden. Den Bischofstitel behält er aber in jedem Fall. „Der Bischof wird geweiht. Das ist die höchste Form der katholischen Weihe und das ist ein unauslöschliches Prägemal. Bischof bleibt man auf Ewig“, erklärt Thomas Schüller, Direktor des Instituts für Kanonisches Recht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

In besonders schweren Fällen kann der Papst einen Bischof auch seines Amtes entheben. Das ist durch ein „rechtmäßig erlassenes Dekret“ und aus „schwerwiegenden Gründen“ möglich, heißt es im Gesetzbuch der katholischen Kirche.

„Fakt ist, sollte ein Rücktrittgesuch gestellt und angenommen werden, ist Tebartz-van Elst zunächst einmal ein frühpensionierter Diözesanbischof und das Bistum Limburg muss ihm dann bis zu seinem Tod eine Pension nach hessischen Beamtenrecht zahlen“, sagt Schüller.

+++ Bistum Speyer legt Finanzen offen +++

7.48 Uhr: Auch das Bistum Speyer legt angesichts der aktuellen Debatte die Finanzen des Bischöflichen Stuhls offen. Bischof Karl-Heinz Wiesemann reagiere mit diesem Schritt auf die Verunsicherung vieler Katholiken, heißt es in der am Montagabend veröffentlichten Erklärung.

Aktuell hat der Bischöfliche Stuhl im Bistum Speyer demnach ein Vermögen in Höhe von rund 46,5 Millionen Euro. Es handele sich um ein „langfristig angelegtes Stammvermögen, das nicht angetastet wird“. Nur die Erträge würden verwendet, „für kirchliche, mildtätige und caritative Zwecke“. Mit den Erträgen aus dem Vermögen des Bischöflichen Stuhls würden pastorale und caritative Projekte im Bistum Speyer gefördert.

Der Bischöfliche Stuhl ist eine selbstständige Körperschaft des öffentlichen Rechts, die in ihrer heutigen Form seit der Neuerrichtung des Bistums Speyer im Jahr 1817 besteht. Lange vor Einführung der Kirchensteuer zu Beginn des 20. Jahrhunderts lag die Funktion der Bischöflichen Stühle darin, die Ausgaben für bischöfliche Aufgaben und die Seelsorge in den Bistümern zu finanzieren. Gemäß dem in der Weimarer Verfassung 1919 erstmals verankerten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, wonach sich diese selbst verwalten dürfen, sind die Bischöfe über die Einkünfte und Ausgaben des Bischöflichen Stuhls gegenüber staatlichen Stellen nicht zur Rechenschaft verpflichtet.

Der Bischöfliche Stuhl in Speyer hat nach Angaben des Bistums einen Verwaltungsrat unter Vorsitz des Bischofs. Ihm gehörten zudem der Generalvikar, der Kanzleidirektor und der Leiter des Bischöflichen Rechtsamtes an. Mit der Bewirtschaftung des Bischöflichen Stuhls sei die Bischöfliche Finanzkammer betraut.

In den letzten Tagen hätten sich viele Gläubige mit Sorge an den Bischof und das Bischöfliche Ordinariat gewandt, heißt es weiter: „Wir nehmen diese Sorgen ernst“, begründete Bischof Wiesemann seine Entscheidung zur Offenlegung der Finanzen des Bischöflichen Stuhls und betonte darüber hinaus, dass „keine Kirchensteuern von Katholiken aus dem Bistum Speyer zur Finanzierung des Diözesanzentrums in Limburg verwandt worden“ seien.

In den letzten Tagen hatten bereits das Bistum Münster und das Ruhrbistum Essen die Vermögenswerte des Bischöflichen Stuhls offengelegt.

+++ Immer mehr Kirchenaustritte +++

7.36 Uhr: Während Tebartz-van Elst auf einen Termin beim Papst wartet, treten in seinem Bistum immer mehr Enttäuschte aus der katholischen Kirche aus. Am Montag bildeten sich Schlangen im Amtsgericht Limburg, wie die „Frankfurter Neue Presse“ in ihrer heutigen Ausgabe berichtet. „Eine solche Welle haben wir noch nie erlebt“, zitiert sie Sachgebietsleiter Rüdiger Eschhofen. Allein am Montag hätten 29 Kirchenmitglieder ihren Austritt erklärt, am Freitag 18, am Donnerstag 20 und am Mittwoch 12.

+++ Erfurter Bischofswohnungen sind wenig luxuriös +++

7.12 Uhr: Im Gegensatz zum Limburger Bau sind Erfurts Bischofswohnungen eher bescheiden. Der derzeit als Bischofsvertreter fungierende Weihbischof Reinhard Hauke lebt nach Bistumsangaben in einer rund 100 Quadratmeter großen Dienstwohnung. Der vor knapp einem Jahr aus Gesundheitsgründen zurückgetretene Bischof Joachim Wanke lebte bis vor wenigen Wochen in einer noch etwas kleineren Dienstwohnung, die auch noch ein Zimmer für eine Haushälterin hatte. Nun stehe eine Sanierung des seit 1981 nicht mehr renovierten Hauses an. Dazu gehöre unter anderem auch ein kompletter Austausch der noch aus DDR-Zeiten stammenden und nicht mehr zugelassenen Elektrik.

+++ „Ankündigung eines Rücktrittsangebots +++

6.58 Uhr: Der Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, Pater Bernd Hagenkord, sagte den „Ruhr Nachrichten“, dass der Limburger Bischof sein Schicksal in die Hände des Papstes legen wolle - „das klingt für mich fast wie die Ankündigung eines Rücktrittsangebots“.