Franziskus wird über das Schicksal des Bischofs Tebartz-van Elst entscheiden. Erzbischof Zollitsch mahnt zur Eile

Rom. In der Via della Pace hinter der Piazza Navona im Herzen Roms herrscht gegen Mittag das Gewühl zu vieler Touristen. Ein warmer Oktobertag, an dem die Menschen an den Tischen der Trattorien sitzen. Die Gasse ist praktisch unpassierbar. Trotzdem bahnt sich ein weißer Skoda Roomster seinen Weg bis ans Ende. Niemand schenkt dem Wagen Aufmerksamkeit. Gleich neben dem Chiosco del Bramante liegt in der Via della Pace das Päpstliche Teutonische Kolleg Santa Maria dell’Anima. Dort hält der Wagen. Da die Touristen mit Pasta, Pizza und Wein beschäftigt sind, bemerkt kaum jemand, wie ein groß gewachsener schlanker Mann in perfekter Bischofskleidung – schwarze Soutane, lila Brokatschärpe – heraussteigt: der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst.

Zwei Schritte, und der Bischof ist in Sekundenschnelle hinter den schützenden Mauern des Kollegs verschwunden. Kein Gruß, kein Wort. Das Gesicht ist ernst, der Blick kühl, nicht ohne Nervosität. Ein Pförtner schiebt das Tor zu, während Deutschlands derzeit umstrittenster Bischof möglichen Fragen enteilt, im Korridor verschwindet. Kein Wort, woher er kam, wohin er geht. Bischof Tebartz-van Elst sei nach Rom gekommen, weil dies sein letzter Zufluchtsort sei, hieß es im Vatikan. Aber der Bischof ist hier in Rom auch ein Gejagter. Viele fragen sich, warum er nicht hinter den Vatikanmauern Schutz vor der Öffentlichkeit gesucht hat.

„Ich bin sicher, dass sich der Bischof von Limburg gründlich und auch mit der nötigen Selbstkritik mit der Entwicklung auseinandersetzt“, hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, am Morgen gesagt. Zollitsch hatte in Rom endlich ausführlich Stellung zum Fall Tebartz-van Elst genommen. Der Erzbischof bestätigte, am vergangenen Donnerstag während der Bundespressekonferenz in Berlin erstmals vom Fall Tebartz-van Elst erfahren zu haben und davon, dass die Staatsanwaltschaft in Hamburg einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gegen den Limburger Bischof gestellt habe. Gleichzeitig wurde die Kostenexplosion des Diözesanen Zentrums bekannt. „Das alles hat mich sehr bewegt, es belastet mich sehr“, gestand Zollitsch ein. Es stehe ihm allerdings nicht zu, „persönlich über den Antrag der Staatsanwaltschaft Hamburg oder über den Bischof von Limburg zu urteilen“.

Er warnte vor übereilten Urteilen: „Insgesamt nehme ich die Situation im Bistum Limburg sehr ernst.“ Er wolle aber die Ergebnisse der Prüfungskommission abwarten, „um dann das Ergebnis mit dem Bischof zu besprechen und zu schauen, welche Konsequenzen dann daraus zu schließen sind. Wir brauchen eine sachliche Klärung und nicht einen Schnellschuss, durch den wir neue Fehler machen können.“

Zollitsch gestand ein, dass „der Druck für mich sehr groß ist“, und zeigte sich der gespannten Lage bewusst: „Ich bin kaum hier gelandet und werde seitdem immer wieder auf den Fall angesprochen“, gestand er im Vatikan ein. Er habe voraussichtlich am Donnerstag, einen Termin bei Papst Franziskus, mit dem er über den Fall sprechen werde. Franziskus habe bereits Papiere des Bischofs zur Causa, „aber ich weiß nicht, was der Papst gelesen hat“.

Eine Dreiviertelstunde hatten Journalisten Zollitsch und anderen Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz da schon geduldig in ganz anderer Sache zugehört. Es ging um ein Symposium des Päpstlichen Rates für Kultur, das im November in Berlin stattfinden wird, aber zum jetzigen Zeitpunkt niemanden interessierte. Vatikansprecher Federico Lombardi nahm es mit Ironie: „Sind Sie denn alle nur für das eine gekommen?“ Der Fall macht alle nervös, Spannung ist zu spüren. Gründlich ging Zollitsch auf Fragen nach Zusammensetzung und Aufgabe der Prüfungskommission ein, die er auf Wunsch des Bischofs eingesetzt habe. Die Kommission nehme ihre Arbeit noch in dieser Woche auf. Sie sei aus internen und externen Fachleuten zusammengesetzt, „Experten, deren Namen noch vertraulich bleiben, um sie keinem Druck von außen auszusetzen“.

Die Kommission habe zur Aufgabe: Klärung der Kosten des Bauprojekts in Limburg, der Finanzierung und der Entscheidungswege. Natürlich werde die Sache zum Schluss veröffentlicht werden. Zollitsch versicherte, man werde „so zügig handeln, wie es möglich ist. Sie werden aber verstehen, dass, wenn eine sachliche Klärung angesetzt ist, ich natürlich auch die sachliche Klärung abwarten muss. Ich kann nicht den Leuten jetzt den Auftrag geben, die Sache zu klären, und schon vorher sagen, was herauskommt.“ Dann verschwand der Erzbischof. Eigentlich sei er ja zur Sitzung des Päpstlichen Rates für die Neuevangelisierung gekommen, der er angehört. Aber die Diskussion über den Limburger Bischof ließ keinen Platz für andere Themen.

Im Vatikan aber widmeten sich die Diskutanten auch der menschlichen Seite eines in Ungnade gefallenen Bischofs. Was hatte den Bischof getrieben, ist er nun selbst ein Getriebener? Warum hat er sich nicht in die schützenden Mauern des Vatikan zurückgezogen, anstatt mitten in der Altstadt zu wohnen?

Der Papst hat nun die Qual der Wahl. Als sein Vorgänger Benedikt im Juli 2012 den slowakischen Erzbischof Robert Bezak absetzte, förderte das Zwietracht und Spekulationen. Medien nannten finanzielle Unregelmäßigkeiten in der Diözese als Grund für den Rausschmiss, Bezaks Anhänger warfen den konservativen Bischöfen dort vor, gegen den weltoffenen Kirchenmann intrigiert zu haben. Wie also wird Papst Franziskus mit dem „Fall Limburg“ umgehen?