Bis zum Jahresende reiche das Geld noch aus. Danach sollen die staatlichen Hilfen kommen. Dazu muss Brüssel die Finanzspritze genehmigen.

Potsdam/Berlin. Der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg wollen dem Hauptstadtflughafen mit einer üppigen Finanzspritze unter die Arme greifen. Es zeichnet sich ab, dass die Eigentümer das Eigenkapital der Betreibergesellschaft erhöhen, um die Zusatzkosten von bis zu 1,17 Milliarden Euro aufzufangen. Das Unternehmen hat nach zwei abgeblasenen Flughafeneröffnungen Probleme, neue Bankkredite zu bekommen. Das vorhandene Geld reicht aber nur noch bis zum Jahresende.

Mit der staatlichen Rettung steht dem Projekt ein weiteres Beihilfeverfahren der EU-Kommission bevor. Erwartet wird aber, dass Brüssel die Finanzspritze 2013 genehmigt. Bis dahin seien neue Bankkredite in Höhe von 430 Millionen Euro nötig. Dafür wollen Bund und Länder mit einer Patronatserklärung garantieren, dass sie den Betreiber nicht pleitegehen lassen.

Der Finanzausschuss des Flughafen-Aufsichtsrats hatte am Freitag auf der Baustelle in Schönefeld über das Konzept beraten. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) trat unterdessen dem Eindruck entgegen, die staatliche Betreibergesellschaft stehe „vor dem Bankrott“. Eine solchen Zusammenhang herzustellen, sei unverantwortlich.

„Der Flughafen ist finanziert, bleibt finanziert und wird am Ende ein Erfolg für die Region werden“, hob Platzeck hervor. Am Vortag hatte sein Finanzminister Helmuth Markov (Linke) betont: „Die Gesellschafter werden ihre Gesellschaft nicht in die Insolvenz führen.“

Bislang haben der Bund und die beiden Länder 430 Millionen Euro in das Projekt gesteckt, sie bürgen außerdem für Kredite im Umfang von 2,4 Milliarden Euro. Auch diese Beihilfen waren von der EU-Wettbewerbsbehörde geprüft worden. Denn wird einem Unternehmen - egal ob staatlich oder privat – mit Steuergeld geholfen, ist es gegenüber der Konkurrenz im Vorteil. Der Wettbewerb wäre verzerrt.

Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte, der Bund führe über ein mögliches neues Beihilfeverfahren informelle Gespräche auf Arbeitsebene mit der EU-Behörde.

Die Gesellschafter weitgehend einig über das Finanzkonzept. Der Haushaltspolitiker der Unionsfraktion im Bundestag, Norbert Barthle (CDU), hatte am Freitag noch Erwartungen an die staatliche Beihilfen gedämpft. Er gehe weiter davon aus, dass es keine zusätzliche Beteiligung des Bundes geben werde, sagte Barthle „Handelsblatt Online“.

Die Finanzierung der Mehrkosten will der Aufsichtsrat am Donnerstag (16.8.) beschließen. Nach Informationen aus Gesellschafterkreisen wird es aber noch keine Aussage darüber geben, ob der für die Inbetriebnahme angepeilte 17. März 2013 zu halten ist.

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Dass der Bund sich aus dem Projekt zurückziehen könnte, wies das Bundesverkehrsministerium zurück. „Im Moment ist kein Verkauf der Bundesanteile geplant“, sagte der Sprecher. Dies sei ohnehin erst zwei Jahre nach dem Betriebsstart möglich und hänge dann von der Lage an den Kapitalmärkten ab.

Ministerpräsident Platzeck will einen Teil der Mehrkosten durch einen Kompromiss im Streit um den Lärmschutz für die Anwohner dämpfen. Ein Gerichtsurteil hatte den Aufwand dafür um knapp 600 Millionen Euro in die Höhe getrieben. Platzeck und die Flughafengesellschaft arbeiten nun an einer Einigung, die zwar Nachbesserungen beim Schallschutz bringen würde – nicht aber bis zum vom Gericht verlangten Niveau. Die Mehrkosten für diese Variante hatte Platzeck auf etwa 300 Millionen Euro beziffert.

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Die Grünen haben unterdessen erneut rechtskonforme Lärmschutzmaßnahmen für die Anwohner des künftigen Hauptstadtflughafens gefordert. Die Bürger in den Tagschutzgebieten hätten ein Recht auf einen fairen Umgang, sagte Verkehrsexperte Harald Moritz am Freitag in Berliner Stadtteil Bohnsdorf, der in der Nähe des Flughafens Schönefeld liegt. Zugleich kritisierte Moritz den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Wowereit scheine die Situation der Betroffenen „völlig kalt zu lassen“.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte jüngst Klagen von Anwohnern stattgegeben und das brandenburgische Infrastrukturministerium zur Durchsetzung eines besseren Schallschutzes verpflichtet. In Wohnräumen dürfe am Tage bei geschlossenen Fenstern nie der Lärmpegel von 55 Dezibel überschritten werden. Das Ministerium forderte die Flughafengesellschaft (FBB) daraufhin in einer Verfügung zur Umsetzung des Gerichtsbeschlusses auf. Dagegen reichte die FBB, deren Aufsichtsratsvorsitzender Wowereit ist, beim OVG Klage ein. Inzwischen zeichnet sich aber offenbar ein Kompromiss ab. (dpa)