Die privaten Krankenversicherer sind mit ihren Klagen gescheitert. Damit wurden die sogenannten Basistarife bestätigt, die die Große Koalition erfunden hat.

Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerden zahlreicher privater Krankenversicherungen gegen die Gesundheitsreform zurückgewiesen. Dieses Urteil verkündete Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier am Mittwoch. Das seit 2009 geltende Gesetz erlegt den privaten Versicherern zahlreiche neue Pflichten auf. So dürfen sie niemandem mehr kündigen und müssen einen Basistarif anbieten. Die Privaten hatten die Neuregelungen als „Zerstörung ihres Geschäftsmodells“ angegriffen. Dem folgte der Erste Senat nicht (Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht 1 BVR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08 und 1 BvR 837/08).

Insgesamt ging es um acht Musterklagen - unter anderem von der Victoria Krankenversicherung, Axa, Debeka sowie der Allianz-Private. Die Versicherer kritisieren den Basistarif an, den sie seit dem 1. Januar 2009 ihren Kunden zum Preis der gesetzlichen Krankenkassen anbieten müssen. Dieser Tarif muss auch in der Leistung dem gesetzlichen Angebot im Wesentlichen entsprechen. Weiter dürfen die Privaten keine Kunden mehr ablehnen. Der Wechsel zu privaten Kassen wurde wiederum erschwert. Arbeitnehmer müssen drei Jahre lang mehr als 48 600 Euro brutto pro Jahr verdienen, um in die Privatversicherung wechseln zu können. Zuvor betrug die Wartezeit nur ein Jahr.

Das Gericht hält den rund 570 Euro teuren Basistarif für durchschnittliche PKV-Kunden nicht sonderlich attraktiv. Der von den Privatkassen befürchtete massenhafte Wechsel sei daher nicht zu erwarten. Zwar greife die Regelung in die Berufsfreiheit der Unternehmen ein. „Der Eingriff ist jedoch durch das Ziel gerechtfertigt, allen Bürgern einen bezahlbaren Krankenversicherungsschutz in der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung zu gewährleisten“, sagte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier.

Am 10. Dezember 2008 hatte der Erste Senat verhandelt. Während die privaten Anbieter die Reformen als Zerstörung ihres Geschäftsmodells angriffen, verteidigte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) die Gesetzesänderungen, weil die Privaten bisher vor allem junge und gesunde Menschen mit hohen Einkommen versichert hätten.

Die 46 privaten Krankenversicherungen in Deutschland hatten 2008 zusammen 8,62 Millionen Krankenvollversicherte und 9,35 Millionen Pflegeversicherte. Hinzu kommen 20,95 Millionen Zusatzversicherungen, unter anderem für gesetzlich Krankenversicherte, die sich zum Beispiel Chefarztbehandlung in der Klinik sichern wollen. 2008 nahmen die PKV-Unternehmen 30,3 Milliarden Euro an Beiträgen ein und zahlten 20,14 Milliarden Euro für Versicherungsleistungen aus. Die Unternehmen haben inzwischen rund 130 Milliarden Euro an Alterungsrückstellungen angesammelt, um steigende Behandlungskosten bei älteren Versicherten auszugleichen.