Zwickauer Terrorgruppe soll vom Geheimdienst mehr als 2000 D-Mark erhalten haben. Auch ein Nazi-Spiel sei indirekt subventioniert worden.

Berlin/Frankfurt/Ludwigshafen. Der Thüringer Verfassungsschutz hat einem Zeitungsbericht zufolge erstmals eine direkte Geldzahlung an das Zwickauer Neonazi-Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eingeräumt. Demnach ließ der Geheimdienst der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), der zehn Morde zur Last gelegt werden, im Jahr 2000 über Mittelsmänner mehr als 2000 Mark für gefälschte Pässe zukommen. Dies habe ein Verfassungsschutz-Mitarbeiter am 6. Dezember vor der geheim tagenden Kontrollkommission des Thüringer Landtages gesagt, heißt es in einem Bericht der "Bild am Sonntag“ ("BamS“).

Den Angaben des Verfassungsschützers zufolge habe seine Behörde aus abgehörten Telefonaten gewusst, dass die Neonazi-Gruppe damals dringend Geld für neue Pässe brauchte. Man habe darauf gesetzt, mit Hilfe der Geldzahlung konkrete Hinweise auf den Aufenthaltsort sowie die Tarnnamen der Rechtsterroristen zu erhalten. Daher habe der Verfassungsschutz im Jahr 2000 dem NPD-Funktionär Tino Brandt 2000 Mark übergeben, der unter dem Decknamen "Otto“ als V-Mann für die Behörde gearbeitet habe. Brandt sollte das Geld dem Bericht zufolge an das seit 1998 gesuchte Neonazi-Trio weiterleiten. Er habe dafür einen weiteren Mittelsmann eingeschaltet.

Der Plan sei jedoch gescheitert. Zwar habe sich das Trio tatsächlich neue Pässe beschafft. Weil der Thüringer Verfassungsschutz die Meldeämter in Sachsen nicht eingeweiht hatte, konnte die rechte Terrorgruppe damit jedoch unerkannt untertauchen.

Der Thüringer Verfassungsschutz finanzierte dem Bericht zufolge das Neonazi-Trio indirekt auch durch den Ankauf des antisemitischen Brettspiels "Pogromly“ für jeweils 100 Mark. Mindestens drei Exemplare des Hetz-Spiels, dessen Verkaufserlös an die Nazi-Zelle floss, wurde dem Zeitungsbericht zufolge an Mitarbeiter des Verfassungsschutzes verkauft.

Weitere Nazi-Terrorgruppe in Ludwigshafen?

Derweil gibt es im Fall der Zwickauer Terrorzelle offenbar neue Spuren, die nach Ludwigshafen führen. Wie die "Frankfurter Rundschau" berichtete, hätten Ermittlungen ergeben, dass es in Rheinland-Pfalz eine weitere terroristische Vereinigung gebe. So soll der Neonazi Marlte R. Kontakt zu der Terrorgruppe NSU gehabt haben. Malte R. soll zudem in Ludwigshafen eine maßgebliche Rolle bei der Nazigruppe "Lunara“ gespielt und Schießübungen im Ausland organisiert haben.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bestätigte, dass zwar Spuren nach Rheinland-Pfalz geprüft werden. Allerdings sei Malte R. bisher nicht Teil des Ermittlungsverfahrens gegen die NSU. Laut Zeitungsbericht gibt es Ermittlungsdokumente, nach denen Malte R. auch der Brandstiftung an einem Ludwigshafener Wohnhaus verdächtigt wird. Bei dem Feuer im Februar 2008 starben neun türkische Bewohner. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft sagte, dass es keine "zureichend tatsächlichen Anhaltspunkte“ dafür gebe, dass die NSU etwas mit dem Feuer zu tun gehabt hätte. Dennoch werde allen Hinweisen nachgegangen.

Nach Angaben des Innenministeriums in Mainz gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass es sich bei dem Brand in Ludwigshafen um einen Anschlag gehandelt haben könnte. Dies habe auch das Bundeskriminalamt bestätigt.

Der Brand hatte damals international für Aufsehen gesorgt, weil die Behörden die Ermittlungen eingestellt haben und nicht von einem ausländerfeindlichen Hintergrund ausgegangen sind. Die genau Ursache des Feuers ist bis heute unbekannt. Bei den Ermittlungen im Zusammenhang mit der von Rechtsterroristen verübten zehn Morde wurden die Akten jedoch erneut geprüft.

Malte R. gilt der Zeitung zufolge als wichtige Figur der militanten rechten Szene in Süddeutschland. Die Ermittler zählten ihn zur internationalen Naziorganisation "Hammerskin Nations“ (HSN). Der Ludwigshafener soll auch Kontakte zu dem inzwischen inhaftierten NPD-Funktionär Ralf Wohlleben gehabt haben. Das rheinland-pfälzische Innenministerium hatte Verbindungen der Zwickauer Zelle nach Rheinland-Pfalz in der Vergangenheit immer verneint.

Mit Material von dpa, rtr und dapd