Erst trat FDP-Generalsekretär Christian Lindner zurück, wenige Stunden später stand der Nachfolger fest. Merkel reagierte gelassen.

Berlin. Mit einer Blitzentscheidung über den neuen FDP-Generalsekretär versucht Parteichef Philipp Rösler, die Führungskrise bei den Liberalen einzudämmen. Nur wenige Stunden nach dem überraschenden Rücktritt von FDP-Generalsekretär Christian Lindner präsentierte Rösler am Mittwochabend den bisherigen Schatzmeister Patrick Döring als Nachfolger. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte gelassen auf den Wechsel. Aus Sicht der SPD befindet sich die Koalition hingegen in Auflösung.

Nach dem Rückzug von Lindner will Rösler mit Döring als Generalsekretär die FDP aus der Krise führen. Offiziell soll der 38-Jährige im April 2012 auf dem Bundesparteitag der FDP in Karlsruhe gewählt werden. Rösler sagte bei einem gemeinsamen Auftritt am Abend, Döring sei tief verankert in der Partei.

Döring kündigte an, schnell die Kampagnenfähigkeit der Parteizentrale wieder herstellen zu wollen. Spätestens zum Dreikönigstreffen der FDP am 6. Januar soll „die Fahne der stolzen liberalen Partei“ wieder aufgerichtet sein.

FDP-Vize Holger Zastrow begrüßte die Ernennung Dörings. Rösler habe mit der schnellen Nominierung Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit bewiesen, sagte der sächsische Landeschef. „Patrick Döring ist ein bodenständiger Politiker, der in der Partei fest verwurzelt und gut vernetzt ist.“ Die „Abteilung Attacke“ habe mit Döring als Generalsekretär ein neues Gesicht, sagte Zastrow.

Rösler hatte es in den sieben Monaten seiner Amtszeit nicht vermocht, die Liberalen wieder nach vorn zu bringen. Er war Mitte Mai zum Bundesvorsitzenden der 65.000 Mitglieder zählenden FDP gewählt worden. Seit längerem verharrt die Partei jedoch in Umfragen bei drei Prozent und würde so bei Bundestagswahlen den Wiedereinzug ins Parlament verpassen.

Die Opposition reagierte mit Spott auf Lindners Rücktritt und sieht das Ende der schwarz-gelben Koalition im Bund nahen. „Frau Merkel hat einen Koalitionspartner mit Schwindsucht, das riecht nach Neuwahlen“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles in Koblenz. Sie rechnete damit, dass Rösler sein Parteiamt noch vor der Wahl in Schleswig-Holstein im Mai 2012 aufgeben wird.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, der Kanzlerin fliege die Regierung „um die Ohren“. Auch die Linke bewertete Lindners Rücktritt als „Anfang vom Ende Philipp Röslers als Chef der FDP“. Die Grünen sprachen von einer „schwindsüchtigen“ Partei, der Lindner mit seinem Abgang noch einen Fußtritt versetzt habe.

Merkel reagierte gelassen auf Lindners Rückzug. Die CDU-Chefin sagte: „Die Zusammenarbeit war gut, sie wird aber auch mit einem neuen Generalsekretär wieder erfolgreich sein.“ Sie glaube, „dass wir in der Regierung davon völlig unbeschadet zusammenarbeiten können“.

Lindner hatte für seinen Rücktritt keine Gründe genannt. Doch gehen FDP-Kreise von einem Zerwürfnis mit Rösler aus. Lindner sagte dazu lediglich: „Es gibt den Moment, in dem man seinen Platz freimachen muss, um eine neue Dynamik zu ermöglichen.“ Mit seinem Schritt wolle er es Rösler möglich machen, die Bundestagswahl 2013 „mit einem neuen Generalsekretär und neuen Impulsen vorzubereiten, um die Wahl zu einem Erfolg für die Partei zu machen“.

In der Partei löste Lindners Schritt Fassungslosigkeit aus. Die bayerische FDP-Vorsitzende und Bundesvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einem „Schock“. Sie wolle mit ihren Parteikollegen nun alles dafür tun, dass die Liberalen „aus dem Tal der Tränen“ wieder herausfinden. Der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki fürchtet negative Folgen für die Landtagswahl im Mai im Norden. Der Zustand der FDP sei bereits wie eine Bleiweste. Jetzt bekomme die Landespartei noch „Betonfüße“ dazu, sagte Kubicki dem TV-Sender Phoenix. Aus Sicht des Sprechers der ostdeutschen FDP-Landesgruppe im Bundestag, Joachim Günther, geht es jetzt „um das Überleben der Partei“.

Der Altliberale Gerhart Baum forderte im TV-Sender Phoenix eine Neuwahl des gesamten FDP-Präsidiums. Er wertete Lindners Rücktritt als Misstrauensvotum gegen Rösler. Noch weiter ging das rheinland-pfälzische FDP-Urgestein Hans-Artur Bauckhage. Das gesamte FDP-Präsidium müsse nun auf den Prüfstand und neu gewählt werden, sagte Bauckhage der Nachrichtenagentur dapd. Dazu gehöre auch „die Absetzung“ von Außenminister Guido Westerwelle. Westerwelle sei maßgeblich für das Umfragetief der Liberalen verantwortlich.

Das Amt des Schatzmeisters ist mit Dörings Wechsel nun vakant. Über die Neubesetzung will der FDP-Bundesvorstand am Freitag entscheiden, teilte ein Parteisprecher mit.

(dapd)