Die Bundesregierung dämpfte jedoch Erwartungen auf eine schnelle Umsetzung. Unterstützung kam auch von den Gewerkschaften.

Berlin. Die Mindestlohn-Pläne aus den Reihen der CDU sind am Montag beim Koalitionspartner FDP auf Kritik gestoßen. Auch Wirtschaftsverbände reagierten ablehnend. Die Bundesregierung dämpfte Erwartungen auf eine schnelle Umsetzung. Unterstützung kam von den Gewerkschaften und der Opposition. FDP-Generalsekretär Christian Lindner erinnerte die Union in Berlin an den Koalitionsvertrag. Darin stehe, dass beide Seiten einen gesetzlichen Mindestlohn ablehnten, sagte Lindner. Allein Branchen-Mindestlöhne, wie sie zuletzt für die Pflege eingeführt worden waren, könnten ein Weg sein. Einem „flächendeckend für alle Regionen Deutschlands von Politikern per Gesetz festgelegten Mindestlohn“ werde die FDP nicht zustimmen, sagte der Generalsekretär.

Die CDU will auf ihrem Parteitag in Leipzig in zwei Wochen über die Einführung einer allgemeinen Lohnuntergrenze abstimmen. Sie soll von einer Kommission festgelegt werden, in der Arbeitgeber und Gewerkschaften vertreten sein sollen. In der Höhe soll sich der allgemeine Mindestlohn an den für die Leiharbeitsbranche vereinbarten Mindestlöhnen orientieren. Sie liegen vom 1. November an bei 7,89 Euro pro Stunde im Westen und 7,01 Euro im Osten Deutschlands. Der Antrag, der vom Arbeitnehmerflügel unter der Leitung des Bundesvorsitzenden der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann, formuliert worden ist, wird von der Parteispitze unterstützt.

Zwar dämpfte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter Erwartungen, dass die schwarz-gelbe Koalition schon bald einen allgemeinen Mindestlohn ermöglichen werde. Er machte aber deutlich, dass die Parteivorsitzende Angela Merkel den Vorstoß befürwortet: „Die Bundeskanzlerin ist durchaus an diesem Thema interessiert.“ Es sei allerdings „überinterpretiert, wenn man von einer Trendwende spricht“, fügte er hinzu.

***Lindner: Mindestlohn in allen Branchen nicht mit uns!***

***Merkel plant "Lohnuntergrenzen" in Deutschland***

***Klug eingelenkt, Frau Kanzlerin***

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Branchen-Mindestlöhne befürwortet, steht auch einem allgemeinen Mindestlohn positiv gegenüber. Ihr Sprecher Jens Flosdorff sagte, die Ministerin wünsche sich „weitere Schritte“. Das von FDP-Chef Philipp Rösler geführte Wirtschaftsministerium steht indessen einer verbindlichen Lohnuntergrenze „skeptisch gegenüber“, so ein Sprecher.

Michael Fuchs vom Wirtschaftsflügel der Union und stellvertretender Fraktionsvorsitzender in Berlin, der den Laumann-Vorstoß mitträgt, erklärte, für die sogenannten tariffreien Bereiche könne es sinnvoll sein, eine Lohnuntergrenze einzuziehen. Diese müsse aber durch Arbeitgebervertreter und Gewerkschaften und nicht vom Gesetzgeber festgelegt werden. Fuchs sagte, die Vereinbarung solle eigenständig erfolgen und sich nicht an der Zeitarbeit orientieren. Die Vorsitzende der Frauen-Union, Maria Böhmer, befürwortete ebenfalls einen Mindestlohn. Er nütze den vielen schlecht bezahlten Frauen im Dienstleistungssektor.

Hingegen erklärte der Vorsitzende der Unions-Mittelstandsvereinigung, Hans Michelbach (CSU), sagte, eine allgemeinverbindliche Lohnuntergrenze widerspreche den Prinzipien der Marktwirtschaft. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte im Deutschlandradio Kultur, die CDU habe einen Mindestlohn bisher aus guten Gründen abgelehnt. Dieser gefährde „in beträchtlichem Umfang“ Arbeitsplätze.

SPD-Bundestagsfraktionsvize Hubertus Heil sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Montagsausgabe): „Es ist ja schön, wenn die CDU sich auch in dieser Frage sozialdemokratischen Positionen nähert, aber ich sehe nicht, wie sie sich in dieser Koalition damit durchsetzen könnte.“ DGB-Chef Michael Sommer indes hält eine Mindestlohnregelung noch für die bis 2013 laufende Legislaturperiode für möglich. Dem Radiosender HR info sagte der Gewerkschaftschef: „Ich habe das Gefühl, wir stehen kurz vor dem Durchbruch.“ Er glaube, „dass sich nach dem CDU-Parteitag sehr viel tun wird“. (epd/abendblatt.de)