Der FDP-Abgeordnete Andreas Fischer mahnt, eine derartige Überwachung von Bürgern dürfe es nur in klar definierten Grenzen geben.

Berlin/München. Die FDP stellt sich grundsätzlich gegen den Einsatz von Staatstrojanern. Zu Beginn einer Debatte zum EInsatz von staatlicher Spionage-Software im bayerischen Landtag in München mahnte der FDP-Abgeordnete Andreas Fischer, das Internet sei kein rechtsfreier Raum. Dieser Grundsatz gelte jedoch auch für staatliches Handeln. Eine Überwachung von Bürgern dürfe es nur in klar definierten Grenzen geben. Zuvor sagte FDP-Rechtsexperte Marco Buschmann der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Mittwoch: „Der nun enthüllte Staatstrojaner nährt erhebliche Zweifel, dass ein Einsatz von Spionage-Software im Rahmen der deutschen Verfassung überhaupt möglich ist.“ Vieles deute bisher darauf hin, dass die Risiken eines eingeschleusten Trojaners für die Privatsphäre technisch nicht beherrschbar seien.

Dagegen hatten Vertreter von Bundessicherheitsbehörden erklärt, an Trojanern für die Überwachung von Computern festhalten zu wollen. Der Bund verwende Software, die genau auf ihren zuvor definierten Zweck ausgerichtet sei. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2008 in einem grundlegenden Urteil ein Grundrecht auf Schutz des persönlichen Computers geschaffen und hohe Hürden für Online-Durchsuchungen, also der Durchsuchung einer Festplatte, gesetzt.

Auch der frühere FDP-Politiker Burkhard Hirsch setzt sich für ein umfassendes Trojaner-Gesetz zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) bei der Strafverfolgung ein. Innenminister Friedrich (ebenfalls FDP) komme damit aber verdammt spät, sagte Hirsch dem Berliner „Tagesspiegel“. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Online-Durchsuchung 2008 sei klar gewesen, dass Bund und Länder den Einsatz von Trojanern für Zwecke der sogenannten Quellen-TKÜ bei der Kommunikation via Computer klarstellen müssten.

Nach den Worten des Abteilungsleiters im Bundeskanzleramt, Günter Heiß, sind die Ermittler gehalten, die Spionage-Software in ihren Fähigkeiten auf jenes Maß zu reduzieren, das die Gerichte vorgegeben haben. „Jene Behörden, die die Programme nutzen, müssen die Software für jeden einzelnen Zugriff zuschneiden, dass es im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zulässig ist“, sagte Heiß den „Stuttgarter Nachrichten“. „Sollten sie den Rohling benutzt haben, ohne ihn aufs Ziel zuzuschneiden, dann sind besondere innerdienstliche Vorschriften nötig.“

Der Chaos Computer Club (CCC) hatte die Version eines Trojaners zum Abhören von verschlüsselten Telefonaten via Internet angeprangert. Nach den Erkenntnissen der CCC-Experten kann die Software mehr als sie darf – bis hin zur äußerst sensiblen Online-Durchsuchung – und hinterlässt auf dem Computer des Betroffenen gravierende Sicherheitslücken, die Dritte ausnutzen könnten.

Die kritisierte Software wurde auch in Bayern eingesetzt. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wies die Vorwürfe am Mittwoch zurück: „Nach sorgfältiger Prüfung kann ich heute nur sagen: Diese Vorwürfe sind falsch.“ Ansonsten hält Herrmann die Online-Überwachung als solche für legal. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sicherte Aufklärung zu: „Wir gehen da ran mit voller Offenheit und Transparenz.“ Der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri kritisierte, dass klare Regeln zur Online-Überwachung sowohl im Strafrecht des Bundes als auch im bayerischen Polizeiaufgabengesetz fehlen.

Die bayerische SPD fordert eine Klarstellung, dass die Polizei sich bei dem Einsatz der Software an das Gesetz halten muss. Herrmann hat die Verwendung der Trojaner einstweilen gestoppt, bis der Datenschutzbeauftragte Petri seine Überprüfung abgeschlossen hat. In Bayern kam die Software nach Ministeriums-Angaben in den vergangenen Jahren fünf Mal zum Einsatz.

Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem, der am Urteil zur Online-Durchsuchung mitgewirkt hatte, sagte der „Augsburger Allgemeinen“ (Mittwoch): „Wenn der Staat eine Software einsetzt, die eine Ausspähung des Computers oder gar den Missbrauch durch Dritte ermöglicht, ist der Einsatz verfassungswidrig.“ Ein Trojaner dürfe zur Überwachung der Telekommunikation nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen und nur dann eingesetzt werden, wenn technische Vorkehrungen unbefugte Nutzungen ausschlössen.

Mit Material von dapd/dpa