Bosbach bestätigt die Entschuldigung Pofallas und erklärt den Streit für beendet. Lammert und Seehofer fordern Respekt für Außenseiter.

Berlin. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) hat für seine angeblichen Entgleisungen gegenüber dem prominentesten Euro-Abweichler der CDU-Fraktion, Wolfgang Bosbach, Kritik und Ermahnungen geerntet. CSU-Chef Horst Seehofer und Bundestagspräsident Norbert Lammert äußerten Respekt für Bosbachs politische Leistung und mahnten Toleranz gegenüber Außenseitern an. In der FDP wurde Pofallas Eignung als Minister infrage gestellt. Bosbach erklärte den Streit nach einer Entschuldigung Pofallas für beendet.

Der langjährige CDU-Parlamentarier hatte mit neun Unions- und drei FDP-Abgeordneten am vergangenen Donnerstag im Bundestag gegen die Erweiterung des Euro-Rettungsschirmes gestimmt.

Mehrere Medien berichteten am Wochenende über Details von Pofallas Wutausbruch. Demnach ist der Minister den Vorsitzenden des Bundestagsinnenaussschusses nach einer Sitzung der NRW-Landesgruppe am vergangenen Montag mit Sätzen wie „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen“ angegangen. Als Bosbach sagte: „Ronald, guck bitte mal ins Grundgesetz, das ist für mich eine Gewissensfrage“, habe dieser schon auf der Straße stehend geantwortet: „Lass mich mit so einer Scheiße in Ruhe.“

Bosbach zeigte sich versöhnlich: „Es ist alles gesagt. Ich muss ihm zugutehalten, dass er sich am nächsten Tag bei mir entschuldigt hat – wir haben uns zu einem Gespräch verabredet und damit ist die Sache für mich erledigt“, sagte er dem Kölner „Express“. In der vergangenen Woche hatte der 59-Jährige über wachsenden Druck geklagt. Er deutete auch die Möglichkeit an, nicht wieder für den Bundestag zu kandidieren. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert versuchte zu beschwichtigen: „Beide Männer haben sich ausgesprochen.“ Bosbach betrachte die Angelegenheit als erledigt.

Lammert bietet seine Solidarität an

Der FDP-Abgeordnete Erwin Lotter warf Pofalla in der „Bild am Sonntag“ vor, das politische Klima in der Koalition zu vergiften. „Das stellt seine Eignung als Kanzleramtsminister infrage.“ Die Junge Union Potsdam-Mittelmark forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, zu überdenken, „ob Pofalla der richtige Mann für das Kanzleramt ist“.

Die CDU-Abgeordnete Erika Steinbach sagte der „Bild am Sonntag“, es dürfe nicht sein, „dass wir Kollegen mobben oder sogar beschimpfen, wenn sie eine andere Meinung haben und auch dazu stehen.“ Bundestagspräsident Lammert sagte, Bosbach sei „einer der angesehensten Kollegen der Bundestagsfaktion“ und nicht als notorischer Nörgler bekannt. Der CDU-Politiker sagte der WAZ-Mediengruppe: „Wenn Druck ausgeübt wird, können sich die Abgeordneten aber auf meine Solidarität verlassen.“ Lammert selbst hatte sich den Unmut mancher Parteifreunde zugezogen, als er zwei Abweichler von der Regierungsmeinung in der entscheidenden Plenarsitzung reden ließ, obwohl sie von ihren Fraktionen dazu nicht aufgestellt worden waren.

Seehofer kennt die Position des Außenseiters

Seehofer erklärte, eine große Volkspartei müsse eine „Bandbreite an Positionen aushalten“. Eine Regierungspartei dürfe auch die nötige Handlungsfähigkeit nicht zum Vorwand nehmen, um jede Diskussion abzudrehen. Er sei selbst „öfter mal in einer Außenseiterposition“ gewesen und wisse genau, wie sehr einem dann zugesetzt werde, sagte er der „Welt am Sonntag“.

Damit irritierte er offenbar den Parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller. Er nannte Pofallas Vorgehen in der „Leipziger Volkszeitung“ zwar „völlig inakzeptabel“. Es gehe aber auch nicht, „dass hohe Funktionsträger der Koalition denen attestieren, die dem erweiterten Euro-Rettungspaket nicht zugestimmt haben, sie seien die Aufrechten in der Koalition und die anderen würden die Probleme nicht wirklich sehen.“