Der Prozess um Waffenhändler Karlheinz Schreiber muss erneut aufgerollt werden. Laut Bundesgerichtshof gibt es offene Fragen.

Augsburg. Der jahrelange Justiz-Krimi um den früheren Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber erhält überraschend ein neues Kapitel. Der Bundesgerichtshof verwies den Fall am Dienstag in der Revisionsverhandlung an das Landgericht Augsburg zurück. Dort war die Schlüsselfigur der CDU-Spendenaffäre im Mai 2010 wegen Steuerhinterziehung von 7,3 Millionen Euro zu acht Jahren Haft verurteilt worden.

Jetzt soll eine andere Kammer klären, ob Schreiber zur Tatzeit zwischen 1988 und 1993 vor allem in Kanada lebte und dort steuerpflichtig war. Das behaupten Schreibers Anwälte. Sie verweisen darauf, dass Schreiber neben der deutschen auch die kanadische Staatsbürgerschaft besitzt. Im Tatzeitraum habe er sich privat und geschäftlich vor allem in seiner neuen Heimat aufgehalten. Insofern habe er sich „der kanadischen Steuerhinterziehung“ schuldig gemacht, sagte Anwalt Gunter Widmaier. Da die kanadischen Behörden nie in dieser Richtung ermittelt haben, wären die Taten verjährt.

Die Richter sollen aber auch überprüfen, ob der Vorwurf der Bestechung des damaligen Rüstungsstaatssekretärs Ludwig-Holger Pfahls (CSU) tatsächlich verjährt ist. Wenn nicht, könnten für Schreiber noch einige Jahre Haft hinzukommen.

Schreiber gilt als eine der Schlüsselfiguren der CDU-Spendenaffäre. Seine Millionenspende an den damaligen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep hatte zur Aufdeckung der Affäre geführt, die letztlich Altkanzler Helmut Kohl den Ehrenvorsitz der CDU gekostet hatte. 2000 geriet der damalige CDU-Chef Wolfgang Schäuble unter Verdacht, von Schreiber Geld angenommen zu haben, und gab deshalb schließlich sein Amt auf. Selbst der Politikersohn Max Strauß musste vor Gericht.

Schreiber wurde am 25. März 1934 in Kaufering geboren. Er wuchs in Hohegeiß im Harz auf. Sein Vater arbeitete als Polsterer, wurde aber zum Kriegsdienst einberufen, als der Junior gerade fünf war. Seiner Biografie nach unterstützte Schreiber die Familie von klein auf mit Einkünften aus Tauschgeschäften. Nach Kriegsende und Abschluss der Schule wurde er in einem Braunschweiger Textilhaus zum Verkäufer ausgebildet. Dabei entwickelte er einen ausgeprägten Geschäftssinn.

Von Braunschweig ging es nach München. Dort wurde Schreiber Geschäftsführer einer Teppichfirma. Nach dem Tod eines Freundes übernahm er dessen Straßenmarkierungsfirma. Der Wirtschaftsbeirat der Union verschaffte ihm den Kontakt zu Franz Josef Strauß, dessen Vertrauter er mit der Zeit wurde. Ein persönliches Geschenk seines Mentors, eine silberne Armbanduhr mit den Strauß-Initialen FJS, zeigte er voll Stolz herum. Legendär sind die feuchtfröhlichen Feste mit CSU-Prominenz, die in Schreibers Partykeller in Kaufering stattfanden.

Als Waffenlobbyist begann das „Verkaufsgenie“ Schreiber, Aufträge für Hubschrauber, Airbusflugzeuge und Spürpanzer im In- und Ausland zu vermitteln. Er knüpfte Verbindungen zwischen dem Stahlriesen Thyssen und unter anderem der bayerischen Staatskanzlei. Selbst zum Bundesnachrichtendienst in Pullach soll er gute Kontakte gehabt haben. Als Augsburg 1995 ein Verfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen Schreiber eröffnete, kamen auch die Schmiergelder ans Licht.

Die Fahndungen ergaben, dass der ehemalige CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep von Schreiber auf einem Parkplatz in der Schweiz eine Million Mark im Koffer erhalten hatte, die dann in die Parteikasse der CDU flossen. Kiep, zwei Thyssen-Manager und der frühere Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls wurden wegen Bestechlichkeit verurteilt.

Angesichts der Augsburger Ermittlungen wurde Schreiber das Pflaster in Deutschland zu heiß. 1996 setzte er sich zunächst in die Schweiz und – nach Räumung aller Konten – mit seinem kanadischen Pass nach Toronto ab. Dort gründete er eine Imbisskette und schmiedete bereits Pläne für den Einstieg in die lukrative Schulspeisung, als die Regierung in Ottawa beschloss, dem Haftbefehl zu folgen und Schreiber nach Deutschland abzuschieben. Zehn Jahre lang lieferte er sich eine Gerichtsschlacht mit der kanadischen Justiz, dann wurde er ausgeliefert.