Er war eine der schillerndsten Figuren im Hintergrund von Politik und Wirtschaft. Jetzt wird sich Karlheinz Schreiber vor Gericht verantworten müssen. Wer noch?

Toronto/München. Er hat die CDU in die schwerste Krise ihrer Geschichte gestürzt und zuletzt auch noch Kanadas Ex-Premier Brian Mulroney in Misskredit gebracht. Dem deutsch-kanadischen Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber (75) wird vorgeworfen, seit den 1980er Jahren Millionenbeträge der Rüstungsindustrie über Tarnkonten an Politiker und Industrielle verteilt zu haben. Als das Geschäft mit den Panzern nicht mehr lief, sattelte er auf Pasta um. Dank gewiefter Anwälte gelang es ihm jahrelang, in Kanada der Übergabe an die deutsche Justiz zu entgehen.

Derweil lebte Schreiber nicht schlecht, pendelte zwischen der Wirtschaftsmetropole Toronto und dem kanadischen Regierungssitz Ottawa, wo er je einen Wohnsitz hat, und schuf sich mit seiner geselligen Art schnell einen neuen Freundeskreis. Wie schon in Deutschland war Schreiber auch in Kanada als Lebemann bekannt, der gern zu Partys ging und mit seiner Frau Bärbel das Tanzbein schwang, wie er der Deutschen Presse-Agentur dpa erzählte. Auf seiner Internetseite KarlheinzSchreiber.ca beschreibt er sich als lutheranisch, verheiratet mit zwei Kindern, fünf Enkeln und einem Urenkel. Dem biografischen Nachschlagewerk „Who’s Who“ zufolge verfügt er über ein Vermögen von geschätzt 250 Millionen kanadischen Dollar (153 Millionen Euro).

Schreiber wurde am 25. März 1934 in Kaufering geboren. Er wuchs in Hohegeiß im Harz auf. Sein Vater arbeitete als Polsterer, wurde aber zum Kriegsdienst einberufen, als der Junior gerade fünf war. Seiner Biografie nach unterstützte Schreiber die Familie von klein auf mit Einkünften aus Tauschgeschäften. Nach Kriegsende und Abschluss der Schule wurde er in einem Braunschweiger Textilhaus zum Verkäufer ausgebildet. Dabei entwickelte er einen ausgeprägten Geschäftssinn.

Von Braunschweig ging es nach München. Dort wurde Schreiber Geschäftsführer einer Teppichfirma. Nach dem Tod eines Freundes übernahm er dessen Straßenmarkierungsfirma. Der Wirtschaftsbeirat der Union verschaffte ihm den Kontakt zu Franz Josef Strauß, dessen Vertrauter er mit der Zeit wurde. Ein persönliches Geschenk seines Mentors, eine silberne Armbanduhr mit den Strauß-Initialen FJS, zeigte er voll Stolz herum. Legendär sind die feuchtfröhlichen Feste mit CSU-Prominenz, die in Schreibers Partykeller in Kaufering stattfanden.

Als Waffenlobbyist begann das „Verkaufsgenie“ Schreiber, Aufträge für Hubschrauber, Airbusflugzeuge und Spürpanzer im In- und Ausland zu vermitteln. Er knüpfte Verbindungen zwischen dem Stahlriesen Thyssen und unter anderem der bayerischen Staatskanzlei. Selbst zum Bundesnachrichtendienst in Pullach soll er gute Kontakte gehabt haben. Als Augsburg 1995 ein Verfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen Schreiber eröffnete, kamen auch die Schmiergelder ans Licht.

Die Fahndungen ergaben, dass der ehemalige CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep von Schreiber auf einem Parkplatz in der Schweiz eine Million Mark im Koffer erhalten hatte, die dann in die Parteikasse der CDU flossen. Kiep, zwei Thyssen-Manager und der frühere Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls wurden wegen Bestechlichkeit verurteilt.

2000 geriet der damalige CDU-Chef Wolfgang Schäuble unter Verdacht, von Schreiber Geld angenommen zu haben, und gab deshalb schließlich sein Amt auf. Selbst der Politikersohn Max Strauß musste vor Gericht.

Angesichts der Augsburger Ermittlungen wurde Schreiber das Pflaster in Deutschland zu heiß. 1996 setzte er sich zunächst in die Schweiz und – nach Räumung aller Konten – mit seinem kanadischen Pass nach Toronto ab. Dort gründete er eine Imbisskette und schmiedete bereits Pläne für den Einstieg in die lukrative Schulspeisung, als die Regierung in Ottawa beschloss, dem Haftbefehl zu folgen und Schreiber nach Deutschland abzuschieben. Zehn Jahre lang lieferte er sich eine Gerichtsschlacht mit der kanadischen Justiz, bis ihm jetzt endgültig das Aus erklärt wurde.

Zuvor hatte Schreiber noch Kanadas Ex-Premier Mulroney, einen seiner vielen früheren „Geschäftspartner“, an den Pranger gestellt. Er beschuldigte Mulroney, als Ministerpräsident Schmiergeld für eine Panzerfabrik angenommen zu haben. Die Vorwürfe wurden bei Anhörungen bis in den Juni von einem eigens einberufenen Untersuchungsausschuss geprüft. Kanada zahlt Millionen an Steuergeldern für das Verfahren. Wer recht hat, blieb bisher offen.