Er war 23 Jahre Alleinverdiener, sie muss jetzt auf eigenen Füßen stehen. Bundesgerichtshof billigte einer Frau längeren Unterhalt zu als erwartet.

Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bei Scheidungen den Unterhaltsanspruch von Hausfrauen verbessert, die in einer Ehe über Jahrzehnte Haushalt und Kindererziehung übernommen hatten. In dem schriftlich veröffentlichten Urteil stellte der oberste Familiensenat klar, dass in solchen Fällen die Frau unbefristet Unterhalt erhalten muss (Aktenzeichen: Bundesgerichtshof XII ZR 202/08). Der Fall betraf eine heute 58-jährige Frau, die nach 23 Jahren geschieden wurde. Sie hatte Haushalt und Kindererziehung übernommen, war mit ihrem Mann umgezogen und hatte ihren Beruf als Motopädin nur noch stundenweise ausgeübt. Der Mann ging dann ein Verhältnis mit einer jüngeren Frau ein und wurde mit 54 Jahren noch einmal Vater.

Während er als Selbstständiger über ein Nettoeinkommen von mehr als 3500 Euro verfügte, erzielte sie als Ganztagskraft 1020 Euro netto. Auch ihr Rentenanspruch war mit 160 Euro monatlich sehr gering. Als Selbstständiger hatte ihr Ex-Mann jedoch nur geringe Rentenanwartschaften, sodass ihr bei der Scheidung nur 50 Euro monatlich zusätzlich aus seiner Rente übertragen wurden.

Dennoch begrenzte das Oberlandesgericht Hamm ihren Unterhaltsanspruch. Ab dem Jahr 2012 sollte sie keinen Unterhalt mehr von ihrem Ex-Mann erhalten, sodass sie auf die rund 1000 Euro monatlich angewiesen gewesen wäre. Eine Altersversorgung hätte sie nicht mehr aufbauen können. Der Familiensenat des BGH hob das Urteil jetzt auf und verwies den Fall zurück. Gerade in Altehen mit einem Alleinverdiener sei die wirtschaftliche Verflechtung besonders groß. Die nacheheliche Solidarität sei hier besonders zu beachten und könne es gebieten, von einer Befristung oder Kürzung des Unterhalts abzusehen.

Das deutsche Scheidungsrecht ist 2008 grundlegend reformiert worden. Geschiedene sollen nach einigen Jahren grundsätzlich wieder finanziell auf eigenen Beinen stehen. Das Gesetz enthält Soll-Vorschriften und erlaubt Ausnahmen nach „Billigkeit“. Der BGH in Karlsruhe legte das neue Gesetz jetzt zugunsten von Hausfrauen aus, die in der Ehe über Jahrzehnte auf einen eigenen Beruf verzichteten.