Innenminister will schärfere Kontrollen - Kosten werden auf Passagiere umgelegt. Schwarze Liste für unsichere Flughäfen geplant.

Berlin/Brüssel. Sicherheit hat ihren Preis. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) machte keinen Hehl aus dieser Erkenntnis, als er gestern mit seinen europäischen Amtskollegen in Brüssel zusammentraf. "Wenn das insgesamt ein bisschen teurer wird, dann wird es ein bisschen teurer", sagte de Maizière. "Es gibt keine Sicherheit, die umsonst ist."

Seit in der vergangenen Woche diverse Paketbomben per Flugzeug ihren Weg durch Europa fanden und auch Kanzlerin Angela Merke l Adressatin einer explosiven Sendung aus Griechenland war, will die Bundesregierung nun die Schwachstellen im Luftfrachtverkehr beseitigen. Der Innenminister stellte dazu gestern einen Fünf-Punkte-Plan vor, der nach seinem Willen zügig, am besten noch bis Jahresende verabschiedet werden soll. So fordert de Maizière eine "Rasterfahndung", durch die Pakete mit kritischem Sender und Empfänger herausgefiltert werden können. Außerdem soll es eine schwarze Liste für unsichere Flughäfen geben, an denen verstärkte Kontrollen notwendig sind."Es kann nicht so bleiben, wie es ist", sagte de Maizière zum gegenwärtigen Sicherheitssystem.

Sofortmaßnahmen und Embargos müssten nach Ansicht des Ministers künftig auf breiter EU-Ebene beschlossen werden. Ehrgeizige Vorhaben also, die nicht nur eine ganze Menge Koordination zwischen den 27 Mitgliedstaaten erfordern, sondern auch eine ganze Menge Geld. Völlig unklar ist deshalb, ob die EU zu diesen Schritten bereit sein wird. Verkehrskommissarin Siim Kallas warnte, die vorgeschlagenen Maßnahmen könnten nicht nur Unternehmen, sondern auch die Flughäfen zu sehr belasten.

Auch aus der Wirtschaft kam entsprechende Kritik. Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA) forderte, "Entscheidungen nur im internationalen Kontext herbeizuführen, um die europäische Wirtschaft nicht einseitig zu belasten". Wie BGA-Außenhandelsexperte Jens Nagel dem Abendblatt sagte, koste die Verbesserung der Sicherheit der Lieferkette ein mittelständisches Unternehmen schon heute bis zu 300.000 Euro zusätzlich. "Die Kosten dürfen nicht noch weiter steigen", so Nagel. "Es gilt, flexibler als bisher auf aktuelle Bedrohungslagen zu reagieren. Und insbesondere muss der Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden, Geheimdiensten, Zollbehörden erheblich beschleunigt werden."

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnt vor einer zu starken Einschränkung des Handels. In einem Schreiben an die Verbandsmitglieder, das dem Abendblatt vorliegt, stellt BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf klar: "Der Luftfrachtverkehr ist für die Aufrechterhaltung der globalen Transportströme unverzichtbar." Sicherheitsmaßnahmen dürften die Effektivität der Transportprozesse "nicht über Gebühr einschränken". Zunächst müsse eine Aufklärung der Ereignisse erfolgen. "Voreilige Schlussfolgerungen sollten unbedingt vermieden werden." Ein Embargo gegen Drittstaaten könne jedoch nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen - als "ultima ratio und zeitlich befristet", wie Schnappauf schreibt.

Wie de Maizière klarstellte, könnten auch die Fluggäste selbst von zusätzlichen Kosten betroffen sein - immerhin werden 60 Prozent der gesamten Fracht in Passagiermaschinen transportiert. "Was den Verbraucher angeht, so halte ich es für wichtig, dass der Fluggast, der ja gerne hinnimmt, dass seine Koffer, genauestens untersucht werden, sich auch sicher fühlt bei der Fracht, die im Flugzeug ist", sagte de Maizière. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, bezeichnete den Fünf-Punkte-Plan de Maizières allerdings als "unscharf und alltagsfern" und forderte eine lückenlose Kontrolle der Fracht.

Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Patrick Döring, sagte dem Abendblatt, Aufwand und Ergebnis müssten "stets in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen." Wie hoch die zusätzlichen Kosten am Ende seien, könne jetzt niemand seriös vorhersagen. Im Allgemeinen sei der Staat für die Gefahrenabwehr zuständig und trage hierfür auch die Kosten, so Döring. "Kosten für operative Kontrollaufgaben müssen jedoch von der Luftverkehrswirtschaft übernommen werden, letztlich also von den Frachtkunden und Passagieren." Die EU-Verkehrsminister wollen am 2. Dezember erneut beraten.