Nach der Paketbomben-Serie fordern Opposition und Gewerkschaften mehr Stellen. SPD kritisiert Innenminister de Maizière für Jobabbau.

Hamburg. Nach den jüngsten Paketbombenfunden diskutieren Politiker, Gewerkschaften und Sicherheitsexperten darüber, wie Deutschland den jüngsten Terrorbedrohungen Herr werden kann. Dabei fordern Regierungs- wie Oppositionspolitiker deutlich mehr Stellen für die Bundespolizei. Die Polizeigewerkschaften würden "zu Recht beklagen, dass in den letzten Jahren fast 10.000 Stellen - Bund und Länder betreffend - gestrichen worden sind", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) im ZDF. Gerade im Frachtbereich könnten künftig aber mehr ausgebildete Beamte zur Kontrolle notwendig sein.

Der SPD-Fraktionsmanager Thomas Oppermann (SPD) forderte wie die Polizeigewerkschaften mehr Stellen. "Es war ja durchaus richtig, den Alarmismus vom damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble zu beenden", sagte Oppermann der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Oppermann kritisiert aber besonders, dass Innenminister Thomas de Maizière 1000 Stellen bei der Bundespolizei streichen will.

Nach dem versuchten Paketbombenanschlag auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ermittelt nun die Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorgruppe. Außerdem würde wegen des Versuchs der "Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion" ermittelt, sagte der Sprecher der Bundesanwaltschaft am Donnerstag in Karlsruhe.

Der Paketdienst UPS hat nach der Bombensendung an das Kanzleramt seine Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Allein 2009 lag das Volumen der Luftfracht in Deutschland bei 3,24 Millionen Tonnen. Hinzu kommt, dass bei der Frachtkontrolle oft private Sicherheitsfirmen involviert sind. Auch deshalb wird eine stärkere Mitarbeit von Bundespolizei und Zoll gefordert, um Lecks zu schließen. Das Logistikunternehmen Lufthansa Cargo hat vorschnelle Forderungen nach schärferen Kontrollen zurückgewiesen.

Auch ein Verbot der Frachtmitnahme in Passagierflugzeugen steht zur Diskussion. In solchen Maschinen wird die Hälfte der Fracht transportiert - ein lukratives Geschäft für die Fluggesellschaften. Und ein potenzielles Ziel für Terroristen. Die mangelnde Sicherheit in Passagierfliegern kritisiert auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg. Er fordert die lückenlose Überwachung der Güter im Personenflugverkehr. "Noch dieses Jahr muss bei Passagierflugzeugen erreicht werden, dass keine unkontrollierte Fracht an Bord geht. Personelle und technische Voraussetzung müssen jetzt dafür bereitgestellt werden", sagte Freiberg dem Hamburger Abendblatt. Nur diese Maßnahme gebe den Menschen das Vertrauen in die Sicherheit beim Fliegen zurück.

Die Forderung der Deutschen Polizeigewerkschaft nach einer sofortigen europäischen Luftsicherheitsbehörde kritisierte Freiberg scharf. Dies halte er für "unseriös, denn sie ist kurzfristig nicht umsetzbar", entgegnete Freiberg der zweiten großen Polizeigewerkschaft. "Jeder, der das umsetzen will, sollte sich auch über die hohen Kosten und vor allem die dadurch entstehenden enormen Verzögerungen im Flugverkehr bewusst sein", ergänzte der Vorsitzende der GdP.

Eine neue Herausforderung für die Sicherheit an Flughäfen ist, dass die Bomben trotz Röntgens zunächst nicht entdeckt wurden. So wurde auch die am Dienstag im Kanzleramt entdeckte Paketbombe vor dem Abflug in Griechenland kontrolliert. Zuständig waren die Luftfrachtlogistik-Firma Goldair und das Sicherheitsunternehmen Brinks, heißt es aus Polizeikreisen in Athen. Die privaten Firmen führten die Nichtentdeckung darauf zurück, dass das Schwarzpulver möglicherweise durch Mehl verdünnt und schwer erkennbar gewesen sein könnte. "Spiegel Online" berichtet unter Berufung auf deutsche Ermittler, die Zündtechnik hätte leicht zu erkennen gewesen sein müssen.

In Berlin kam am Donnerstagvormittag das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags zu Beratungen über die entdeckten Paketbomben aus dem Jemen und Griechenland zusammen. Thema der geheim tagenden Gruppe dürfte sein, warum die Paketbombe aus Griechenland bis in das Kanzleramt gelangen konnte und warum eine Bombe aus dem Jemen trotz Hinweisen von Geheimdiensten in Köln/Bonn noch umgeladen und nach Großbritannien transportiert wurde.