In Hamburg fielen Lufthansa-Verbindungen aus. Ein Nachtzug stoppte in Mannheim. Die Franzosen erwarten Millionen auf den Straßen.

Paris/Hamburg. Der Nachtzug Berlin–Paris kam nur bis Mannheim. Dann ging es weiter per Bus. Und am Flughafen Hamburg fiel am Dienstagmorgen gleich der erste Flieger der Lufthansa nach Paris aus. Das waren nur kleine Auswirkungen der landesweiten Streiks in Frankreich. Mit Massenprotesten gegen die Rentenreform haben die französischen Gewerkschaften den Druck auf Präsident Nicolas Sarkozy erhöht. Wegen der Arbeitsniederlegungen fielen zahlreiche Flüge und Zugverbindungen aus. Auch Häfen waren betroffen.

Für die Kundgebung am Nachmittag erwarteten die Gewerkschaften mehr als drei Millionen Demonstranten. „Die Beteilung wird dieses Mal sehr hoch sein“, sagte Francois Chereque, Chef der mächtigen Gewerkschaft CFDT. „Die Regierung riskiert eine Radikalisierung der Bewegung.“

In Hamburg wurde auch der Lufthansa-Flug um 16.50 Uhr gestrichen, wie der Flughafen auf seiner Website mitteilte. Die Flüge aus Richtung Paris, die um 10.40 und 20.25 Uhr ankommen sollten, fallen ebenfalls aus. Bislang waren die Verbindungen von Air France in die französische Hauptstadt nicht betroffen.

Die Lufthansa sah sich gezwungen, voraussichtlich ein Drittel ihrer Flüge von und nach Frankreich zu streichen, wie ein Sprecher mitteilte. Allerdings will die Airline auf den verbleibenden Flügen größere Maschinen einsetzen und so alle Passagiere an ihr Ziel bringen. Ansonsten hielten sich die Behinderungen an den großen Drehkreuzen in Deutschland in Grenzen. Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt fielen am Vormittag acht Flüge aus.

Die Streiks in Frankreich konzentrierten sich erneut auf den öffentlichen Nah- und Fernverkehr: Von den Hochgeschwindigkeitszügen TGV fuhr nur jeder dritte. Am Flughafen Orly fiel die Hälfte der Flüge aus, am Flughafen Charles de Gaulle-Roissy rund ein Drittel. In der Pariser Metro kam es ebenfalls zu massiven Störungen. An dem vierten Protesttag innerhalb eines Monats gegen die Kürzungen im Rentensystem beteiligten sich dieses Mal auch Schüler, Studenten und Eltern. „Es sind ja die jungen Leute, die von der Reform doppelt hart getroffen werden, weil sie auch keinen Arbeitsplatz finden“, sagte eine Studentin. Auch in den meisten Raffinerien führten Arbeitsniederlegungen zu Ausfällen.

Mit der erneuten Streikwelle wollen die Gewerkschaften noch Zugeständnisse in Einzelpunkten der Rentenreform erzwingen. Am Montagabend hatte das Reformwerk eine wichtige Hürde im Senat genommen. Die Kammer stimmte mehrheitlich dafür, volle Rentenbezüge erst ab 67 Jahren statt wie bisher mit 65 Jahren auszuzahlen. Dies ist einer der beiden Kernpunkte von Sarkozys Vorhaben, das zur Sanierung der Staatsfinanzen beitragen soll und auch das Top-Rating französischer Anleihen an den Finanzmärkten bewahren soll. Ende vergangener Woche hatte der Senat bereits die Anhebung des Renteneintrittsalters von 60 auf 62 Jahre gebilligt. Dagegen laufen die Gewerkschaften seit Monaten mit Streiks und Straßenprotesten Sturm.

Wer mindestens 40,5 Jahre Beiträge gezahlt hat, kann derzeit in Frankreich bereits mit 60 Jahren die volle Rente kassieren. Diese Altersgrenze soll nun bis 2018 auf 62 Jahre angehoben werden. Wer nicht genug Arbeitsjahre nachweisen kann, soll zudem künftig erst mit 67 die volle Rente bekommen. Bislang war dies bereits mit 65 Jahren möglich.