Ein amerikanischer Fernsehsender berichtet über konkrete Attentatsziele in Berlin. Deutsche Sicherheitsexperten äußern sich zurückhaltender.

Hamburg. Es war kein Dementi, was Bundesinnenminister Thomas de Maizière in die Mikrofone sprach , aber dennoch eine gewisse Entwarnung: Es gebe weiterhin keine konkreten Hinweise auf unmittelbar bevorstehende Anschläge in Deutschland, erklärte der CDU-Politiker. Die abstrakte Terrorgefahr für Deutsche im In- und Ausland sei aber immer noch hoch. Er fügte hinzu: "Wir nehmen alle Hinweise ernst und gehen ihnen mit hoher Intensität nach." De Maizière sah sich zu dieser Stellungnahme genötigt, weil ein Bericht des US-Fernsehsenders Fox von konkreten Terrorangriffen in Berlin auf den Fernsehturm, den Hauptbahnhof und das Hotel Adlon am Brandenburger Tor warnte. Als weitere mögliche Ziele in Europa wurden der Eiffelturm und die Kathedrale Notre Dame in Paris sowie die britische Königsfamilie genannt.

Polizeigewerkschaft warnt vor Anschlägen - Innenminister sieht "keine konkrete Gefahr"

De Maizière sagte, diese möglichen Anschlagsziele in Deutschland seien bereits vor etwa einem Jahr genannt worden. "Für Alarmismus besteht jedenfalls zur Zeit kein Anlass", sagte der Innenminister. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) schloss sich dem Bundesinnenminister an. "Die Berliner Verfassungsschutzbehörden und die Polizei haben keine eigenen Erkenntnisse über Gefahren durch mögliche Terroristen, wie sie zur Zeit gemeldet werden", sagte Körting im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses.

Auch in Hamburg sind den Sicherheitsbehörden nach eigenen Angaben keine konkreten Terrorpläne bekannt geworden. "Es gibt seit vielen Monaten eine abstrakte Gefährdungslage in Hamburg", sagte Ralf Kunz, Sprecher der Innenbehörde auf Abendblatt-Anfrage. "Allerdings haben wir keine konkreten Bedrohungen, auf die die Hamburger Sicherheitsbehörden mit erhöhten Maßnahmen reagieren müssen." Bundesverfassungsschutz und Bundeskriminalamt wollten sich zu der angeblichen Bedrohung nicht äußern und verwiesen auf das Bundesinnenministerium. Nachrichtendienstler verweisen aber bereits seit Längerem darauf, dass die Gefahr eines Terroranschlags zwar hoch sei, man aber keine Hinweise auf konkret geplante Attacken habe.

"Informationen von Fox News sollte man mit Vorsicht betrachten und abwarten, bis seriösere Quellen Auskunft geben", warnte Guido Steinberg, Terrorismusexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik. Fox ist für seine alarmistische Terror-Berichterstattung berüchtigt. Im betreffenden Bericht hatte sich der Sender auf zwei ungenannte Nachrichtendienstquellen berufen.

Allerdings müsse man die allgemeine Terrorgefahr durchaus ernst nehmen, so Steinberg. Er sehe nicht die Gefahr, dass die Deutschen in Panik verfielen. "Im Gegenteil. Ich glaube, wir Deutschen übersehen ein bisschen die Bedrohung, die aus Ländern wie Afghanistan und Pakistan kommt." Dort würden schließlich Deutsche zu Terroristen ausgebildet.

Tatsächlich hatte nicht nur der Fox-Bericht für Unruhe gesorgt, sondern auch die Tatsache, dass die USA ihre Sicherheitshinweise für Reisen nach Europa verschärft haben. "Die USA geben durch ihre Reisewarnungen zu verstehen, wie nervös sie sind", sagte Steinberg. "Wenn die USA so etwas machen, machen sie es nicht ohne Grund."

Bei ihren Warnungen stützen sich die Behörden Berichten zufolge offenbar auch zum Teil auf die Vernehmungen eines in Afghanistan gefangen genommenen deutsch-afghanischen Islamisten. Der Mann gehört zu einer Gruppe von Hamburger Islamisten, die im März 2009 in das afghanisch-pakistanische Grenzgebiet gereist war, um sich dort in Terrorcamps der al-Qaida ausbilden zu lassen.

Die US-Behörden sprachen nur einen sogenannten Reise-Alarm aus, aber keine Reise-Warnung, die explizit vor einem Besuch des betroffenen Landes abrät. Auch Großbritannien verschärfte seine Hinweise für Reisen nach Deutschland und Frankreich. Die französische Regierung sieht allerdings ebenso wie die deutsche keine veränderte Gefährdungslage.

Nach Einschätzung der Tourismusorganisation Visit Berlin lassen sich Reisende aus den USA trotzdem nicht von Besuchen in Berlin abschrecken. "Weder Geschäftsreisende noch Touristen lassen sich davon beeindrucken", sagte Visit-Berlin-Geschäftsführer Burkhard Kieker. "Auf meinen Reisen in den USA bin ich darauf noch nie angesprochen worden, weder von der Presse, noch von der Reiseindustrie." Die Reisenden blieben gelassen.