Seit der Einheit gab es noch nie so viele Beschäftigte. Aber auch die Überstunden nehmen zu: Jeder Zehnte arbeitet 48 Wochenstunden.

Hamburg. Der überraschend kräftige Aufschwung beflügelt den deutschen Arbeitsmarkt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erwartet sogar einen Jobrekord. "Im Durchschnitt werden 2011 rund 40,4 Millionen Menschen arbeiten - so viele wie noch nie im vereinigten Deutschland", sagte DIW-Präsident Klaus Zimmermann.

Die Konjunkturexperten des Instituts halten in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent für möglich, ein Wert, der vor wenigen Monaten noch undenkbar schien. Denn ursprünglich rechneten die Ökonomen nur mit einem Wachstum von 1,9 Prozent. Auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gehen von einem kräftigen Wirtschaftswachstum von knapp drei Prozent aus. Mit der raschen Erholung hat sich Deutschland an die Spitze der Industrieländer gesetzt.

Schon ab einem Prozent Wachstum werden neue Arbeitsplätze geschaffen. So wird die Zahl der Erwerbstätigen schon in diesem Jahr auf 40,33 Millionen wachsen. Das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit sagt für 2011 mit durchschnittlich 2,96 Millionen die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 1991 voraus. Bereits in diesem Jahr könnte die Zahl der Arbeitslosen auf weniger als drei Millionen sinken.

Die Entwicklung am Arbeitsmarkt ist nach Meinung von Ökonomen ein Verdienst der Politik. "Sie hat in der Krise durch großzügige Kurzarbeiterregelungen die Firmen dazu angehalten, sich nicht von ihrer Stammbelegschaft zu trennen", sagt Bernd Schimmer von der Hamburger Sparkasse. Dass sich Unternehmen auf dieses Risiko eingelassen haben, sieht Schimmer in einem besonderen Umstand begründet. "In der Boomphase vor der Krise konnten wegen fehlender Fachkräfte schon nicht mehr alle Aufträge abgearbeitet werden. Diese Erfahrung wirkte noch nach." Mit dem Aufschwung konnten die Firmen sofort von steigenden Aufträgen profitieren, ohne erst die Belegschaft aufzustocken.

Einer der Gründe für die schnelle Erholung der deutschen Wirtschaft ist auch der Fleiß der Erwerbstätigen. Jeder Zehnte arbeitet schon mehr als 48 Stunden pro Woche. Dabei handelt es sich vor allem um Selbstständige, Führungskräfte und Landwirte. Auf der anderen Seite müssen sich immer mehr Beschäftigte mit einer Teilzeitstelle abfinden. "Ein Grund dafür ist die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten", sagt Alexander Herzog-Stein von der Hans-Böckler-Stiftung.

Vom Aufschwung profitiert auch der Handel. Den Verbrauchern fällt der Griff ins Portemonnaie wegen des Aufschwungs mit gleichzeitig sinkender Arbeitslosigkeit leichter. Die Kauflaune ist inzwischen wieder so gut wie vor über zwei Jahren, vor Ausbruch der schwersten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik. Das ergibt sich aus dem gestiegenen Konsumklima-Barometer der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).

"Wir rechnen mit einem sehr guten Weihnachtsgeschäft", sagt Ulf Kalkmann, Sprecher des Hamburger Einzelhandels. Auch steigende Löhne sollen die Ausgabebereitschaft stärken. "Wir gehen von einem Anstieg des privaten Verbrauchs um 1,1 Prozent im nächsten Jahr aus", prognostiziert Ralph Solveen von der Commerzbank.