Es gebe wie von Helmut Kohl versprochen blühende Landschaften, aber auch Industriebrachen. Die Mehrheit der Deutschen will den Soli abschaffen.

Berlin. Zwanzig Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung hat die Bundesregierung eine überwiegend positive Bilanz des Zusammenwachsens von West und Ost gezogen. „Diese Bilanz zeigt eine große Erfolgsgeschichte mit viel Licht, aber natürlich auch mit Schattenseiten“, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte: „Bei der wirtschaftlichen Erneuerung der ostdeutschen Länder sind wir weit vorangekommen.“

Merkel bezeichnete die DDR als Unrechtsstaat. Damit ging sie auf Distanz zu Äußerungen des letzten DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière . „Unfreiheit und Repression prägten das Leben in der DDR“, sagte sie bei der Vorstellung eines Buches von Lothar de Maizière.

Zu den Errungenschaften im Osten zählte Innenminister de Maizière, der Cousin von Lothar de Maizière, den Ausbau der Verkehrswege und des Gesundheitswesens, die Schaffung von Schulen und Wohnungen sowie die Annäherung des Lebensstandards . Die größten Herausforderungen lägen weiterhin darin, die Wirtschaftskraft der ostdeutschen Länder zu stärken und die Arbeitslosigkeit zu senken.

Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett den Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2010. Darin heißt es, dass es nach wie vor eine „historisch begründete Distanz und fehlende Vertrautheit zwischen Ost und West“ zu überwinden gelte. „Vorurteilen muss begegnet, Klischees müssen überwunden werden.“

Zu dem Versprechen des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl (CDU), es werde „blühende Landschaften“ im vereinten Deutschland geben, sagte Thomas de Maizière: „Der Begriff der blühenden Landschaften beschreibt die Realität 2010 nicht umfassend. Es gibt eben neben blühenden Landschaften auch Industriebrachen und auch gescheiterte Biografien.“

Merkel würdigte die historische Rolle Kohls für die deutsche Einheit 1990. Dagegen kritisiert Lothar de Maizière in seinem Buch „Ich will, dass meine Kinder nicht mehr lügen müssen“, vielfach habe sich die Wunschvorstellung Kohls festgesetzt, dass er, de Maizière, seine Marionette gewesen sei.

Der ehemals erste frei gewählte DDR-Regierungschef hatte im August gesagt: „Die DDR war kein vollkommener Rechtsstaat. Aber sie war auch kein Unrechtsstaat.“ Merkel sagte dazu, es sei müßig, darüber zu streiten, was die DDR gewesen sei. „Aus meiner Sicht war sie ein Unrechtsstaat. Sie hat einen perfiden Druck auf alle ausgeübt, die in diesem Lande lebten.“

Eine große Mehrheit der Deutschen ist heute dafür, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Dies geht aus einer Umfrage des Instituts Forsa für den „Stern“ hervor. Demnach sprechen sich 71 Prozent der Bürger für eine Abschaffung aus. 23 Prozent sind dafür, den Zuschlag beizubehalten. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Bürgern im Osten und im Westen Deutschlands: Im Osten möchten 44 Prozent den Zuschlag behalten – 45 Prozent würden ihn gerne abschaffen. Im Westen halten ihn nur 18 Prozent für weiter erforderlich – 76 Prozent möchten am liebsten auf den Solidaritätszuschlag verzichten.