Auch die SPD fordert eine Distanzierung der CDU von der Verbandschefin. Steinbach verteidigte absurde Thesen zu Hitlers Angriff auf Polen.

Berlin. Neuer Ärger um die Vertriebenen und ihre Sicht auf die deutsche Geschichte: Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, hat die CDU aufgefordert, sich von der Bundestagsabgeordneten und Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, zu distanzieren. Oppermann sagte, Steinbachs Äußerungen seien unerträglich. Sie stelle sich damit außerhalb des demokratischen Konsenses in Deutschland. Die SPD will den Vorfall im Bundestag zur Sprache bringen.

Steinbach hatte nach einem Bericht der „Welt“ auf der Klausurtagung der Unions-Fraktionsspitze am Mittwoch mit einer Äußerung die Schuld Deutschlands am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs relativiert. Nach den Informationen der Zeitung hatte die Vertriebenenpräsidentin damit zwei ihrer Verbandsmitglieder in Schutz genommen. Dem Bericht zufolge soll sie gesagt haben: „Es stimmt ja, die Polen haben zuerst mobil gemacht.“

Zuvor hatte Steinbach ihren Parteikollegen Kulturstaatsminister Bernd Neumann angegriffen. Sie warf ihm vor, sich nicht hinter die beiden Vertriebenenfunktionäre gestellt zu haben, die der BdV als Stellvertreter in den Beirat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ entsandt hat.

Die beiden Vertriebenenfunktionäre Arnold Tölg und Hartmut Saenger sind der Grund, weswegen der Zentralrat der Juden in Deutschland am Montag seine Mitarbeit in dem Stiftungsrat vorläufig eingestellt hat. Der Zentralrat wirft Saenger und dem baden-württembergischen BdV-Landesvorsitzenden Tölg, der auch CDU-Mitglied ist, revanchistische Äußerungen vor. Ihre Berufung sei mit der Satzung der Stiftung und ihrem Versöhnungsauftrag nicht vereinbar, so der Zentralrat.

In der Union wächst die Empörung über die Vertriebenen-Politiker der Partei und Steinbach. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Schockenhoff kritisierte Steinbach scharf: „Es muss klar sein, dass es hier nicht um Meinungsverschiedenheiten, sondern Geschichtsklitterung geht. Eine solche Meinung hat in der Fraktion und der Partei keinen Platz“, sagte Schockenhoff der Nachrichtenagentur Reuters. „Der Hinweis auf die Mobilmachung Polen ist absurd – als ob dadurch der Einmarsch Polens ins Deutsche Reich bevorgestanden hätte.“ Jeder wisse, dass dies Unsinn sei und Hitler einen Krieg vorbereitet habe. Schockenhoff betonte, er fordere nicht den Parteiausschluss Steinbachs.