Sie soll für den Anschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback 1977 verantwortlich sein. Gibt es neue Erkenntnisse über den Terror der RAF?

Stuttgart. Die Bundesrepublik steht vor einem neuen RAF-Prozess . Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Mord-Anklage gegen die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker wegen des Anschlags auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback zugelassen. Das teilte das Gericht mit. Die Bundesanwaltschaft hatte Becker im April als Mittäterin des tödlichen Attentats vor 33 Jahren angeklagt. Die Täter hatten am 7. April 1977 von einem Motorrad aus auf den Dienstwagen des Generalbundesanwalts geschossen.

Der Anklage zufolge gibt es allerdings keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Verena Becker selbst eines der beiden Mitglieder des Anschlagkommandos auf dem Tatmotorrad war. Sie soll jedoch eine „maßgebliche Rolle“ bei der Organisation eingenommen haben und sei daher als Mittäterin anzusehen.

Der Termin zur Hauptverhandlung wurde noch nicht bestimmt. Mit dem Beginn sei voraussichtlich Ende September 2010 zu rechnen, teilte das Gericht mit. Die früheren RAF-Mitglieder schweigen bis heute darüber, wer welchen Mord begangen hat.

Die Ermittlungen gegen Becker waren wieder ins Rollen gekommen, nachdem durch neue kriminaltechnische Untersuchungen Speichelspuren an den Kuverts der alten RAF-Bekennerschreiben entdeckt wurden. Die Bundesanwaltschaft erwirkte mit der neuen Verdachtslage einen Haftbefehl und Untersuchungshaft gegen Becker. Sie war Ende 1977 zwar wegen anderer terroristischer Straftaten zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden, nicht jedoch wegen der Buback-Morde. Da Mord nicht verjährt, ist eine Anklage weiterhin möglich.

Der Bundesgerichtshof hob am 23. Dezember 2009 den Haftbefehl gegen Verena Becker überraschend auf und setzte sie auf freien Fuß. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs ging in einer vorläufigen Bewertung eher von einer Beihilfe Beckers an den Buback-Morden aus, nicht jedoch von Mittäterschaft. Die Bundesanwaltschaft klagte die Ex-Terroristin am 8. April 2010 dennoch wegen Mordes an. Dies wurde mit neuen Ermittlungsergebnissen begründet. Es soll unter anderem eine Zeugenaussage geben, wonach Becker am Vortag des Attentats in Karlsruhe war und an Ausspähungen teilnahm.

Verena Becker verbüßte zwischen 1977 und 1989 ihre Strafe, wurde dann jedoch vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker begnadigt.