Sonntag stimmen Duisburger über die Abwahl des Oberbürgermeisters ab. Seit dem Loveparade-Unglück 2010 steht Sauerland in der Kritik.

Duisburg. Eine Frau in der Duisburger Innenstadt fragt, wo sie am Sonntag ihre Stimme abgeben kann. „Ich werde es genießen“, sagt sie. Nur noch wenige Tage sind es bis zum Bürgerentscheid über die Abwahl des umstrittenen Oberbürgermeisters Adolf Sauerland (CDU). Die Bürgerinitiative „Neuanfang für Duisburg“ wirbt seit Wochen mit zahlreichen Veranstaltungen in der Innenstadt für eine Beteiligung an dem Votum. Die Sauerland-Gegner sind nun auf der Zielgeraden angekommen. Sauerland steht vor allem wegen seiner Verhaltens nach dem Loveparade-Unglück im Juli 2010 in der Kritik. Er trägt nach Ansicht vieler Duisburger die politische Verantwortung für die Katastrophe, bei der 21 Menschen starben. Einen Rücktritt lehnte er jedoch mehrfach ab.

+++Duisburg schwankt zwischen Ja und Nein+++

+++ Duisburg: Stadt der Trauer+++

„In diesen Tagen hören wir solche Äußerungen wie von der Frau eben recht oft“, sagt Theo Steegmann, Sprecher der Bürgerinitiative. „Die Leute wollen den Urnengang genießen, sie wollen demonstrativ zur Wahl gehen.“ Allerdings gebe es auch Bürger, die noch gar nicht richtig informiert oder politikverdrossen seien, sagt Steegmann. Um wirklich alle zu erreichen und die Stimmberechtigten zu mobilisieren, wirbt die Bürgerinitiative bis Sonnabend in der Innenstadt für eine möglichst große Wahlbeteiligung. In und an einem Informationszelt suchen Steegmann und seine Mitstreiter das Gespräch mit Passanten. Zudem gibt es unterschiedliche Aktionen zum Thema: So lädt der Duisburger Zeichner Martin Tazl, Erfinder des „kleinen Bürgermeisters“, einer Karikatur Sauerlands, zur Malstunde ein. Darüber hinaus finden Diskussionsrunden und Interviews statt. Auch Musik steht auf dem Programm. Zudem wird es eine Extra-Ausgabe der WDR-Radiosendung „Hallo Ü-Wagen“ geben.

„Uns ist es wichtig, dass wir vor allem die Jugendlichen erreichen“, betont Steegmann. Da mangele es stark an Aufklärung, begründet der Duisburger, der dennoch auf eine relativ hohe Wahlbeteiligung hofft. Und da ist die Bürgerinitiative durchaus optimistisch. „Mittlerweile sollen es schon 40.000 Briefwähler sein“, sagt Steegmann. Auch wenn der Bürgerentscheid zugunsten Sauerlands ausgehen sollte, will die Bürgerinitiative sich nicht auflösen. „Egal, wie es ausgeht, wir werden weitermachen“, betont er. Die Bürgerinitiative wolle weiterhin politische Transparenz einfordern. „Wir bleiben kritisch.“ Eine neue politische Kraft habe Duisburg dringend nötig. „Wenn Sauerland abgewählt würde, wäre das eine Zäsur im positiven Sinne“, pflichtet Mitstreiter Richard Wittsiepe bei. Bliebe er im Amt, bedeute dies „Stillstand“. „Für Duisburg gibt es nur einen Neuanfang ohne Sauerland“, erklärt Steegmann kurz und bündig.

365.000 Duisburger sind aufgerufen, über die Abwahl ihres umstrittenen Stadtoberhauptes abzustimmen. Der Duisburger Rat leitete in einer Sondersitzung im November das Abwahlverfahren gegen den Oberbürgermeister ein, das durch ein Bürgerbegehren mit rund 80.000 Unterschriften erzwungen wurde. Wenn am Sonntag mindestens 91.250 Wahlberechtigte gegen den CDU-Politiker stimmen, verliert er sein Amt. 357 Abstimmungslokale haben von 8 bis 18 Uhr geöffnet, danach beginnt die Auszählung. Das vorläufige amtliche Endergebnis wird nach Angaben der Stadt voraussichtlich gegen 19.30 Uhr vorliegen.

„Ich werde das Wählervotum akzeptieren und hoffe, dass es meine Gegner auch tun“, hatte Sauerland nach der Ratsentscheidung im vergangenen Jahr erklärt. Möglich wurde die Abwahlaktion durch ein Gesetz, dass im Juni im Düsseldorfer Landtag verabschiedet wurde und die Abwahl von Oberbürgermeistern und Landräten durch die Bevölkerung erlaubt. Diese Änderung der Gemeindeordnung war besonders von Innenminister Ralf Jäger (SPD), einem Duisburger, forciert worden.

Bei der Loveparade am 24. Juli 2010 war es zu einer Massenpanik gekommen. Dabei starben 21 Menschen. Seitdem schieben sich die Stadt Duisburg, der Veranstalter Lopavent und die Polizei gegenseitig die Verantwortung zu. Gegen mehr als ein Dutzend Beschuldigte ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung. In der Öffentlichkeit richtet sich die meiste Kritik gegen Sauerland.

Mit Material von dapd/epd