Bündnis aus Bürgern, Parteien und Gewerkschaften hatte di Abwahl gefordert. Er trage die politische Verantwortung für die Loveparade.

Düsseldorf. Gut eineinhalb Jahre nach der Loveparade- Katastrophe mit 21 Toten ist Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) am Sonntag abgewählt worden. Das verlautete aus Rathauskreisen. Ein Bündnis aus Duisburger Bürgern, Parteien und Gewerkschaften fordert die Abwahl des 56-jährigen. Er trage die politische Verantwortung für die Genehmigung der Loveparade. Sauerland lehnt einen Rücktritt ab. Mehr als 129.000 Bürger hätten für die Abwahl des CDU-Politikers gestimmt, teilte die Stadt am Abend mit. Für seine Abwahl war ein Viertel der Stimmen der 365.000 Wahlberechtigten nötig - rund 91.250. Sauerland muss nun in der kommenden Woche sein Amt aufgeben. Regulär läuft seine Amtszeit bis zum Spätsommer 2015.

+++ 79.000 Duisburger wollen die Abwahl von Sauerland +++
+++ Duisburg: Stadt der Trauer +++

Bei der letzten Kommunalwahl lag die Wahlbeteiligung nur bei rund 45 Prozent. Die Stadt Duisburg wollte keine Zwischenstände veröffentlichen, wie viele Menschen schon ihre Stimme abgegeben hatten.

Sauerland hatte sich zuletzt optimistisch gezeigt. Er gehe davon aus, dass er auch nach Abschluss des Verfahrens Stadtoberhaupt sein werde, sagte er der „Bild“-Zeitung (Sonnabend). Im Zusammenhang mit dem Abwahlverfahren sprach der CDU-Politiker von einer „Kampagne“ und einer „parteipolitischen Abrechnung“. „Gut ist, dass mit der Abstimmung ein demokratischer Schlusspunkt gesetzt wird, den danach jeder akzeptieren muss.“

Die Duisburger CDU kritisiert das Abwahlverfahren als „Farce“ und Inszenierung der parteipolitischen Gegner Sauerlands. Die Duisburger SPD unterstütze das Bürgerbegehren personell und finanziell, um Sauerland weg zu bekommen und einen SPD-Mann zu installieren, sagte CDU-Fraktionssprecher Christian Kleerbaum vorab. Neben der SPD unterstützen auch Grüne und Linke den Abwahl-Antrag. Die Kritiker Sauerlands weisen die Vorwürfe der CDU zurück. Fast 80.000 Menschen hätten gegen Sauerland unterschrieben und damit die Abstimmung erzwungen. Als gültig anerkannt worden waren allerdings nur 68.000 Unterschriften.

OB aus dem Amt gejagt

Als Adolf Sauerland 2004 die Stichwahl um das Amt des Duisburger Oberbürgermeisters gewann, galt sein Sieg als Beleg dafür, dass die CDU auch in großen Ruhrgebietskommunen Oberbürgermeister stellen kann. Knapp acht Jahre später ist die politische Karriere des 56-Jährigen jäh gestoppt worden. Am Sonntag wählten die Duisburger Bürger den CDU-Rathauschef mit großer Mehrheit ab.

Das Amt kostete ihn sein Umgang mit der Loveparade-Katastrophe. „Gerechtigkeit“ forderte er einst für die Verantwortlichen des Unglücks. Die Duisburger fanden es nun gerecht, ihn unsanft aus dem Amt zu entfernen. Einen Rücktritt hatte Sauerland stets abgelehnt. Gegner warfen ihm mangelnde Sensibilität vor.

Bis zum 24. Juli 2010 war Sauerland ein Stadtoberhaupt, das durchaus Erfolge vorweisen konnte – den Bau einer Moschee in Duisburg-Marxloh oder die Umgestaltung der Innenstadt durch den britischen Stararchitekten Norman Foster beispielsweise.

Doch mit der Katastrophe bei der Loveparade kippte sein Image. Sauerland wurde für viele Bürger zum Symbol des Versagens, zum Verantwortlichen für die Massenpanik mit 21 Toten und mehr als 500 Verletzten. Erschwerend kam hinzu, dass Sauerland erst knapp ein Jahr nach dem Unglück echte Worte des Bedauerns fand.

In der Öffentlichkeit wurde der Oberbürgermeister angefeindet, verhöhnt, mit Ketchup bespritzt. Sauerland wirkte verunsichert. Kritiker warfen ihm Selbstmitleid vor.

Verstörender Auftritt

Verstörend waren für viele Bürger vor allem die Bilder, als Sauerland einen Tag nach dem Unglück mit dem Loveparade-Organisator Rainer Schaller auf der live übertragenen Pressekonferenz saß und jede Verantwortung für den Vorfall ablehnte. Eine Position, die er bis heute beibehält. Einen Rücktritt aus eigenem Antrieb lehnt er weiterhin ab, auf seiner Internetseite warb er dafür, im Amt bleiben zu müssen, weil für die Stadt noch „viel zu tun“ sei.

Wegen des Unglücks bei der Loveparade ermittelt die Staatsanwaltschaft Duisburg derzeit gegen 17 Personen – Sauerland ist nicht darunter. Allerdings geriet der 56-Jährige wegen der Affäre um den Korruptionsverdacht beim nordrhein-westfälischen Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) ins Visier der Staatsanwaltschaft Wuppertal. Es besteht der Anfangsverdacht, dass sich der CDU-Politiker der Vorteilsannahme schuldig gemacht hat. Sauerland beteuert auch in diesem Fall seine Unschuld. Die Vorwürfe seien „Quatsch“, sagte er dem Magazin „Focus“.

Gegenüber der Presse hielt Sauerland seit der Loveparade Distanz - lediglich einige ausgewählte Medienvertreter lud er zu Terminen und Hintergrundgesprächen. Dabei pochte er stets darauf, dass er für die Durchführung der Techno-Veranstaltung nicht verantwortlich gewesen sei und folglich auch nicht zur Verantwortung gezogen werden könne. Die Duisburger Bürger haben es aber anders gesehen.

Sauerland fällt jedoch „weich“. Der CDU-Politiker kassiert ein Ruhegehalt in Höhe von 71,75 Prozent seiner Dienstbezüge bis zum Ende der Wahlperiode 2015. Anschließend erhält er monatliche Bezüge entsprechend seiner Pensionsansprüche. Mit Material von dpa/epd und dapd