Guido Westerwelle wurde auf dem Neujahresempfang der NRW-FDP begeistert empfangen. Er sieht seinen Platz aber nur “im Maschinenraum“.

Es ist nicht allzu lange her, da wurde Guido Westerwelle von seiner Partei geschmäht und geächtet. Er, der die Partei zu bisher unbekannten Wahlerfolgen geführt hatte, er, der ein schwarz-gelbes Regierungsbündnis erst ermöglichte war plötzlich die Personifikation schlechter Umfragewerte. Doch jetzt ist alles anders. Wieder. Nicht zuletzt aus diesem Grund war der Neujahrsempfang der nordrhein-westfälischen FDP in Düsseldorf ein Lehrstück über das Vergeben und das Vergessen in der Politik: Guido Westerwelle wird von seiner Partei wieder geliebt. Da kann sich der ehemalige FDP-Chef und gegenwärtige Außenminister auch ein Lächeln nicht verkneifen. Er ließ sich feiern und badete in einer Woge von Applaus und Sympathie. Nicht nur der zurückgetretene Generalsekretär Christian Lindner stand am Rand des Saals und lauschte seiner Rede. Auch der FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher verfolgte Westerwelles Worte sichtlich aufmerksam.

+++ FDP sucht neuen Wachstumskurs +++
+++ Abteilung Attacke: Rösler soll Partei neu positionieren +++

Vergnügt spielt Westerwelle mit Spekulationen, er werde in Düsseldorf eine wegweisende parteipolitische Rede halten und möglicherweise Ansprüche auf eine neue Führungsrolle geltend machen. „Man wundert sich schon: Da rede ich seit 15 Jahren zum Schluss hier beim Neujahrsempfang der Düsseldorfer FDP, und sofort gibt es ein Rumoren, ob ich denn nach meinem 50. Geburtstag irgendwie etwas ganz Anderes wollte.“ Will er denn? Nein, sagt er lässig und macht dann mit seiner Rede, einem Ritt quer durch die wichtigsten Themen der deutschen Innenpolitik, aber auch deutlich, dass er durchaus mehr im Blick hat als sein eigenes Ressort. Man braucht wieder Persönlichkeiten in der Partei. Die „Boygroup“ um Parteichef Philipp Rösler und Ex-Generalsekretär Christian Lindner hatte der Partei nicht den erhofften Aufschwung gebracht hat. Nicht einmal offiziell begrüßt wurde Lindner in seinem Heimatverband in Nordrhein-Westfalen. Westerwelle hingegen punktete mit Erfahrung und tröstet die Parteifreunde: „Politik besteht aus großen Höhen und darin, dass man Täler beschreitet.“ Als schwerste Krise erscheine einem immer die, in der man sich gerade befinde. „Kaum hat man sie hinter sich, weiß man, dass es gar nicht so schwer war.“

Über Jahrzehnte sei die FDP immer wieder mal „totgeschrieben worden“, doziert Westerwelle. Anders als manche Zeitungen habe die FDP aber überlebt. Mit frischem Oberwasser kanzelt Westerwelle „Schönwetter-Liberale“ ab. „Die sind wie Flugsand, und die sind auch genauso schnell wieder weg.“ Namen nennt er keine. Nur soviel: „Wenn sie – auch durch eigene Fehler – in Schwierigkeiten geraten, trennt sich die Spreu vom Weizen.“

Dann zeige sich, wer nur auf einer Woge des Erfolgs mitfeiern wolle und wer „wirklich innerlich vom Liberalismus überzeugt ist“. Dass er selbst dazu gehört, daran lässt Westerwelle keinen Zweifel: „Für mich war die liberale Partei immer auch ein Stück meiner eigenen Familie, ein Stück meiner Lebensgeschichte.“ Dass jetzt in der Krise sogar ein einstiger Dauer-Kritiker wie Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki nach ihm ruft, kommentiert Westerwelle nicht. Seine Rede legt er aber staatstragend und kämpferisch an wie ein Parteichef. Seine Aufgabe sieht Westerwelle allerdings nicht mehr auf der Brücke, sondern „im Maschinenraum“ der Partei. „Ich will den Erfolg dieser neuen Parteiführung.“ Über seinen Nachfolger äußert sich Westerwelle kaum. Aus eigener Erfahrung gibt er den Parteifreunden aber eine Lehre im Umgang mit ihrem Führungspersonal auf den Heimweg: „Es gibt Zeiten, wo sich eine Partei nicht nur hinter die Führung stellen darf, sondern auch vor sie.“

(abendblatt.de/dpa)