In der SPD werden Rufe nach einer Abkehr von der Rente mit 67 lauter. Der Hamburger SPD-Politiker Johannes Kahrs warnte hingegen davor.

Berlin. Der Hamburger SPD-Bundestagsabgeordnete, Johannes Kahrs, hat seine Partei davor gewarnt, von der Rente mit 67 abzukehren. "Wir wollen nicht zurück zur Rente mit 65, sondern die Rente mit 67 logischer und gerechter machen“, sagte er dem Hamburger Abendblatt. Kahrs glaubt, dass die SPD jetzt zu den "Positionen zurückkomme, die sie ursprünglich wollte, aber aus Koalitionsräson in den vergangenen Jahren nicht verwirklichen konnten".

Kahrs reagierte mit seiner Warnung auf einen Vorstoß des SPD-Fraktionschefs, Frank-Walter Steinmeier. Er hatte einen Tag vor dem Parteitag in Dresden eine Kursänderung bei der Rentenpolitik angekündigt. Als Oppositionsführer im Bundestag wolle er darauf drängen, dass die Rente mit 67 im nächsten Jahr überprüft werde, sagte Steinmeier der „Berliner Zeitung“. „Wir haben das Gesetz in unserer Regierungszeit gemacht und die Überprüfungsklausel ist Teil des Gesetzes. Schon deshalb werden wir sie ernst nehmen“, sagte Steinmeier. Die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters gilt als einer der Gründe für die herbe Niederlage der SPD bei der Bundestagswahl im September. Sie dürfte auf dem Parteitag, der Morgen in Dresden beginnt, eine zentrale Rolle spielen.

Zahlreiche SPD-Mitglieder hatten in ihren Anträgen verlangt, die Rente mit 67 wieder abzuschaffen. Steinmeier erwartet laut „Berliner Zeitung“ jedoch nicht, dass sich diese Radikalposition durchsetzen wird. Auch der designierte Parteichef Sigmar Gabriel will zwar zusätzliche Regelungen zum Übergang in den Ruhestand, um die Wirkung der Rente mit 67 abzufedern, hält aber im Grundsatz bislang daran fest. Bislang sieht das Gesetz vor, dass das Renteneintrittsalter ab 2012 schrittweise von jetzt 65 auf 67 Jahre steigt.

„Es kann nicht so bleiben, wie es jetzt ist“, sagte auch die designierte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles Nahles. Ein Schnellschuss mit dem Austausch der Zahlen 67 und 65 sei aber völlig unglaubwürdig, erklärte sie in der „Sächsischen Zeitung“. Klar sei, dass die bisherigen Antworten der SPD viele Menschen jedenfalls zum Teil als ungerecht empfänden. „Wir müssen eine Politik entwickeln, die Altersarmut verhindert“, so Nahles. Die Agenda 2010 sei nach 16 Jahren Kohl-Regierung notwendig gewesen, sagte die SPD-Vizevorsitzende. „Wären die sozialen Sicherungssysteme vorher moderat an die neuen Realitäten angepasst worden, hätte uns das eine Menge Ärger bei der Agendapolitik erspart.“

Eine völlige Abkehr von der Reformpolitik der vergangenen Jahre hält auch der SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann für falsch. „Mit einer 180-Grad-Wende nach dem Motto 'Was gestern richtig war, ist heute falsch' bekommen wir weder Glaubwürdigkeit zurück noch Vertrauen“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Donnerstag. Der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel warnte seine Partei vor einer „Anpassung an die Linke“. Auch er sagte der „Passauer Neuen Presse„: „Es wäre falsch, die Regierungspolitik jetzt einfach über Bord zu werfen.“

Auch der Präsident der Deutschen Rentenversicherung, Herbert Rische, warnte vor einer Abkehr von der Rente mit 67. „Das wäre das falsche Signal für die künftige Entwicklung der Rentenversicherung“, sagte Rische der „Saarbrücker Zeitung“ zufolge. Schon in Anbetracht der alternden Gesellschaft könne man vor einer grundsätzlichen Rücknahme nur warnen. „Wenn die erwerbsfähigen Menschen weniger werden und gleichzeitig länger leben, dann ist klar, dass auch die Betriebe eine verlängerte Lebensarbeit zu schätzen wissen“, so Rische.