In Ostdeutschland sinken die Renten dramatisch. 2020 ist sie für viele höchstens noch so hoch wie die Grundsicherung.

Berlin. Die Renten in Ostdeutschland werden einer Studie zufolge langfristig dramatisch sinken. Für viele, die Ende der 2020er Jahre in Rente gehen, werden die gesetzlichen Altersbezüge nahe oder sogar unter der Grundsicherung von 600 Euro liegen, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch in Berlin mitteilte. Für Westdeutschland ist demnach hingegen in 20 Jahren weiter mit „relativ stabilen Rentenzahlungen“ zu rechnen, Frauen im Westen dürfen sogar ein leichtes Plus erwarten.

Laut der DIW-Langzeitstudie im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung werden Ostdeutsche der Jahrgänge 1962 bis 1971 nur noch rund 600 Euro gesetzliche Rente beziehen. Zum Vergleich: Die älteren ostdeutschen Jahrgänge können heute noch durchschnittlich 900 bis 1000 Euro Rente erwarten. Als Hauptgrund für das sinkende Rentenniveau im Osten nannte das DIW die hohe Arbeitslosigkeit, die seit Beginn der 90er Jahre auf deutlich höherem Niveau als im Westen liegt. Somit seien seit der Einheit bereits 20 Jahre vergangen, in denen sich die schlechte Arbeitsmarktlage in unterdurchschnittlichen Rentenansprüchen niederschlage. Hinzu komme der Trend zu mehr Teilzeit- und Minijobs; vor allem Frauen rutschten im Osten aus Vollzeitstellen in geringfügige Beschäftigung.

Westdeutsche Männer dagegen müssen der Studie zufolge beim Renteneintritt in rund 20 Jahren deutlich geringere Einbußen hinnehmen: Mit 1090 Euro werden die zwischen 1967 und 1971 Geborenen immer noch durchschnittlich gut 90 Prozent der Renten erhalten, die den West-Jahrgängen von 1937 bis 1941 ausgezahlt werden. Westdeutsche Frauen können als einzige Gruppe ihre Rente künftig ausbauen – allerdings auf niedrigem Niveau: Ihre durchschnittliche Rente steigt aufgrund zunehmender Erwerbstätigkeit und besserer Bildung über alle Altersgruppen von im Schnitt 449 Euro auf 591 Euro.

In Gesamtdeutschland wird es nach Einschätzung der Wissenschaftler vor allem gering Qualifizierten künftig sehr viel schwerer fallen, das bisherige Rentenniveau zu erreichen. Diese Entwicklung sei als „Alarmsignal für die Bildungspolitik zu verstehen“, sagte der DIW-Experte Johannes Geyer. Denn den Forschern zufolge steigt im Durchschnitt aller Altersgruppen das Risiko, arbeitslos zu werden, erheblich je nach dem Bildungsgrad – und je länger Menschen im Laufe ihres Erwerbslebens arbeitslos sind, desto geringer fallen die Rentenzahlungen aus.

Als politische Strategie gegen die wachsende Altersarmut empfahlen die DIW-Forscher, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu stärken und die Lebensarbeitszeit zu verlängern. „Dies setzt voraus, dass die finanziellen Arbeitsanreize einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung verbessert werden“, unterstrich der DIW-Experte Viktor Steiner. Anreize zur Aufnahme von Mini-Jobs, zum Bezug von Arbeitslosengeld II und zur Frühverrentung „sollten also reduziert werden“. Zugleich solle das gesetzliche Renteneintrittsalter entsprechend der weiter steigenden Lebenserwartung erhöht werden. Der vorzeitige Renteneintritt mit Abschlägen solle zwar weiter möglich sein, aber nur dann, wenn die dann erzielte Rente über der Grundsicherung im Alter liege.